Zwei wesentliche Botschaften stachen bei der diesjährigen DGSPJ-Online-Klausurtagung heraus: zunächst die Tatsache, dass sich die DGSPJ so vielen Themen mit hoher Expertise stellt wie kaum eine andere Fachgesellschaft. Und dann die Erkenntnis, dass kind- und pädiatriespezifische Themen fachlich wie politisch einzig und allein nur gemeinsam erfolgreich bewältigt werden können.
Die Klausursitzung der DGSPJ, zu der sich jedes Jahr neben dem Präsidium, dem engeren und erweiterten Vorstand, allen Arbeitsgruppen und Delegierten der Fachgesellschaft und der Geschäftsstelle auch die Spitzen von weiteren pädiatrischen Fachgesellschaften und der Kinderkrankenpflege treffen, war lange vorgeplant und sollte wieder im Augustinerkloster in Erfurt stattfinden. Diesmal war es nicht die Pandemie oder eine andere Naturkatastrophe, die das persönliche Treffen verhinderte, sondern der deutschlandweite Bahnstreik. Auch aus dieser Not heraus musste auf das "virtuelle Format" ausgewichen werden.
Die Einstimmung erfolgte mit einer offenen und selbstkritischen Reflexion nach einem Jahr Vorstandsarbeit in neuer Zusammensetzung und mit neuem Präsidium. Der Vorstand ist zusammengewachsen, arbeitet konstruktiv, sehr aktiv und zukunftsorientiert und in angenehmem Miteinander, was im Folgenden deutlich wird: Die inhaltliche Arbeit für die Interessen der Kinder und Jugendlichen, ihres Umfeldes und ihrer Betreuenden stehen im Mittelpunkt. In vielen Bereichen ist dies nur durch vernetztes und gemeinsames Handeln zielführend möglich, eine wichtige Motivation für die aktive Mitarbeit im Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit.
Dabei hat sich die Doppelspitze mit den unterschiedlichen, sich ergänzenden Expertisen aus den Bereichen SPZ, Entwicklungsneurologie, Neuropädiatrie und Child Public Health, ÖGD-/KJGD-Erfahrung sowie Prävention und Gesundheitsförderung mit Nähe zur Politik ausgesprochen bewährt.
Fortbildung hoch im Kurs
Neben den zukunftsorientierten konzeptionellen Aktivitäten in diesen Bereichen ist die Multiprofessionalität und Interdisziplinarität auch im Vorstand sowie die Investition in die Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die qualifizierte Aus- und Fortbildung der bereits tätigen Fachkräfte ein zentrales Anliegen der Fachgesellschaft. Sehr hilfreich sind die inzwischen vielfältigen Fortbildungsangebote der DGSPJ, die von einem neuen Fachausschuss koordiniert werden: Neben der weiter sehr beliebten Zeitschrift "Kinderärztliche Praxis" ist über die neue Austauschplattform "meineDGSPJ" die "DGSPJ-Online-Akademie" sowie der Zugang zu einer "Online-Bibliothek" erreichbar. Ergänzt wird dies durch Präsenzveranstaltungen bei den DGSPJ-Jahrestagungen im Rahmen der "Kongresse für Kinder- und Jugendmedizin", bei den interdisziplinären Treffen der Sozialpädiatrie beim "Forum Sozialpädiatrie", den strukturierten curriculären Fortbildungen "Curriculum Sozialpädiatrie", exquisiten Veranstaltungen zu besonderen Themen als "state of the art" sowie Seminaren, Kursen und Fortbildungen der "ICF-Praxis". Darüber hinaus waren Präsidiumsmitglieder bei zahlreichen weiteren Kongressen wie erstmals auch dem Hauptstadt- und dem Europäischen Gesundheitskongress mit gestaltenden und aktiven Beiträgen vertreten.
Die Kompetenzen der Mitarbeitenden im ÖGD führen zu einer wichtigen Erweiterung der Sichtweisen in der Sozialpädiatrie. In diesem Bereich wird die schon etwas ältere Stellungnahme zur "Frühen Betreuung von Kindern" auf den aktuellen Stand gebracht und an die derzeitigen Erkenntnisse und Bedingungen angepasst.
Der Fachausschuss ÖGD bringt sehr wichtige aktuelle, auch politische Themen ins Bewusstsein, wie die Förderung von Gesundheitskompetenz in Bildungseinrichtungen, unter anderem mit der Etablierung von Gesundheitsfachkräften.
Auf der Grundlage der regelmäßig in SPZ ermittelten Strukturdaten wird die aktuelle Ausrichtung der SPZ überprüft und nachjustiert.
Der zentrale Qualitätsarbeitskreis der BAG SPZ spielt weiter eine sehr zentrale Rolle als zukunftsweisende "Denkfabrik" (Think Tank). Aktuell steht z. B. die Weiterentwicklung des "Altöttinger Papiers" an, sowie eine Handreichung für die zunehmend wichtige Beratung bei genetischen Erkrankungen, aber auch die weitere Etablierung der ICF (unterstützt durch eine gemeinsam getragene Schulung von Frühförderung/VIFF und DGSPJ) und die aktuelle politische und Pressearbeit.
Die Multiprofessionalität ist nicht nur im Vorstand ein sehr wichtiger Pfeiler unserer Arbeit und die Grundlage für ein an Qualitätskriterien orientiertes interdisziplinäres Arbeiten.
Die gute und absolut essenzielle Zusammenarbeit mit den weiteren Berufsgruppen innerhalb der Sozialpädiatrie und der SPZ wird auch dadurch gestärkt, dass die BAG der Psychologen im DGSPJ-Vorstand mit Stephan Floss jetzt fest verankert ist und die Gründung einer BAG der Therapeuten beim nächsten Forum Sozialpädiatrie ansteht.
Spezielle Sozialpädiatrie sichern
Die BAG "Stationäre Sozialpädiatrie" hat weiter einen wichtigen Stellenwert, zum einen, da in jeder Klinik für Kinder- und Jugendmedizin die sozialpädiatrischen Aspekte einen wesentlichen Anteil haben, aber auch, da sichergestellt werden muss, dass die stationären Einrichtungen für spezielle Sozialpädiatrie auch nach den anstehenden Umstrukturierungen weiter ihre notwendigen Grundlagen und Rahmenbedingungen haben.
Wir sind auf dem aktuellen Stand bei den Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen und können auf neue Rahmenbedingungen reagieren, wie das neue Vergabesystem der Rentenversicherung seit 01. 07. 2023.
Sowohl im Fachausschuss "Transkulturelle Pädiatrie" als auch in der KAV-Kommission für Prävention gibt es zahlreiche aktuelle Themen, die fokussiert werden und für die eine Unterstützung durch neue zusätzliche Mitarbeitende wichtig ist.
Im Bereich Hilfsmittelversorgung sind weitere engagierte Aktivitäten zur Optimierung der Abläufe im Sinne der Betroffenen und Etablierung von wichtigen Qualitätsstandards im Fluss.
Klimaschutz ist auch Kinderschutz
In der "Kommission Globale Kindergesundheit" des Bündnisses Kinder- und Jugendgesundheit" wird sich die DGSPJ weiter aktiv einbringen und auch nach Antworten zu den drängenden Umweltproblemen suchen, denn Klimaschutz ist gleichzeitig auch Kinderschutz. Der wichtige Bereich "Kinderschutz" wird weiter von der wissenschaftlichen und praktischen Expertise aus der Sozialpädiatrie profitieren.
Der Bereich "Jugendmedizin" wird in Zukunft noch deutlicher im Fokus stehen auch bei der Frage zur Vermittlung von Gesundheitskompetenz und auch bei den für diese Altersgruppe bestehenden Impffragen.
Wir werden unsere Energie vermehrt in die Akquise und den Erhalt von Personal im ärztlichen und nichtärztlichen Bereich legen und uns dabei auch in den Gremien des Bündnisses engagieren.
Es ist sehr wichtig und für die DGSPJ ein Meilenstein, dass wir jetzt auch auf eine "Junge DGSPJ" bauen können. DGSPJ-Vorsitzende Prof. Heidrun Thaiss appellierte deshalb bei der Online-Klausur an alle Mitglieder, die neue Gruppierung – insbesondere für deren Eintreten für mehr Interdisziplinarität – nachhaltig zu unterstützen.
Die "Kinderärztliche Praxis"
Die "Kinderärztliche Praxis" behält auch nach der Übernahme durch den in Wiesbaden ansässigen Medizin-Verlag MedTriX GmbH ihren zentralen Stellenwert. Wir freuen uns sehr über das aktuelle engagierte Redaktions- und Chefredaktionsteam und müssen im weiteren Verlauf gemeinsam Sorge tragen, dass die Kontinuität gut gewahrt bleibt, auch wenn altersbedingte Wechsel anstehen.
Beteiligung an 30 Leitlinien
Die DGSPJ zeigt kompetent Flagge und ist aktuell an 30 Leitlinien, davon federführend an zwei S3-Leitlinien (Frühgeborenen-Nachsorge, unilaterale spastische Cerebralparese) beteiligt.
Es bleibt weiter ein Ziel, dass die auch im aktuellen Koalitionsvertrag verankerte Stärkung der SPZ und Sicherung der dortigen Qualität nachhaltig erfolgt und die nichtärztlichen sozialpädiatrischen Leistungen voll finanziert werden. Dazu ist eine adäquate und zeitgerechte Regelung in einem aktualisierten §43a SGB V erforderlich.
Die DGSPJ schließt sich darüber hinaus der aktuellen Kampagne gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus an und wird weiter aktiv Stellung dagegen beziehen. Das Fazit aus all diesem Engagement und den vielfachen Initiativen fiel am Ende bei DGSPJ-Vorstandsmitglied Dr. Ulrike Horacek so aus: "Beim Aktivitätsindex sind wir nicht zu schlagen."
Gemeinsam sind wir stärker
Ein ausgesprochen offener, wertschätzender und konstruktiver Austausch entwickelte sich im Anschluss durch die Statements und Impulse einer Diskussionsrunde mit Dr. Angela Schütze-Buchholz (Vize-Präsidentin BVKJ), Birgit Pätzmann-Sietas (Vorstand BeKD), Prof. Ursula Felderhoff-Müser (Präsidentin DGKJ), Dr. Guido Bürk (Vorsitzender DGPPS), Prof. Florian Heinen (Präsident GNP), Dipl. Psych. Jens Vandre (Vorsitzender VIFF) sowie Prof. Heidrun Thaiss und Prof. Volker Mall (Präsidenten DGSPJ), gemeinsam mit dem Präsidiumsmitglied und dem stellvertredenden Vorsitzenden des Bündnisses Kinder- und Jugendgesundheit, Dr. Andreas Oberle.
Die Anwesenden waren sich einig, dass die Basis einer guten und im Sinne der Kinder und Jugendlichen zukunftsorientierten Zusammenarbeit darin besteht, die aktuelle Situation der Partner im Bereich der Kinder- und Jugendgesundheit zu kennen und darüber im kontinuierlichen Austausch zu bleiben. Die eigenen Aktivitäten müssen dabei auch unter dem Aspekt geprüft werden, ob sie für einen anderen Partner kurz- oder langfristig gravierende Nachteile bedeuten können. Wesentlich wird in Zukunft eine gute Abstimmung darüber sein, wo die Verfolgung der eigenen Interessen der Fachgesellschaften und wo die Gemeinsamkeit in der Verfolgung eines Zieles, in der Außenwirkung und gegenüber der Politik im Vordergrund stehen sollte.
Hierzu unterstützt uns Henry Ford mit dem Zitat: Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenbleiben ist ein Forschritt, Zusammenarbeiten ist ein Erfolg.
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Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2024; 95 (2) Seite 138-142