Die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen hat sich nach der Coronapandemie auf ein schlechteres Niveau eingependelt, als das davor der Fall war.

Die neue Bundesregierung sollte sich dieser Herausforderung, die im Wahlkampf keine Rolle gespielt hat, nun stellen. Dies fordert Professorin Ulrike Ravens-Sieberer, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und Leiterin der COPSY-Studie (COrona und PSYche). Denn die Sorgen vor Kriegen, Terrorismus, Wirtschaftskrisen und der Klimakrise nehmen spürbar zu. Während sich im Herbst 2023 die Hälfte aller Befragten wegen all dieser Krisen Sorgen machten, waren es im Herbst 2024 schon deutlich mehr: 72 % waren höchst besorgt wegen der derzeit stattfindenden Kriege, 70 % wegen der vielfältigen Terrorismusgefahren, 62 % aufgrund der wirtschaftlichen Krisen und 57 % wegen der Klimakrise. Das sind signifikante Steigerungen.

„Diejenigen, die unter diesen Zukunftsängsten leiden, zeigen häufiger psychische Auffälligkeiten, Ängste und depressive Symptome. Ihr Risiko ist bis zu dreifach erhöht", so bewertet Dr. Anne Kaman, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf diese Ergebnisse. Etwa 17 % gelten im Hinblick auf die psychische Gesundheit als besonders vulnerabel.

Im Hinblick auf die Wahrnehmung dieser Krisen spielen die sozialen Medien eine zunehmend entscheidende Rolle. 32 % der Befragten gaben an, dass sie in den sozialen Medien oft Inhalten begegnen, die sie belasten. Und 21 % fühlen sich belastet, weil sie sich durch die sozialen Medien immer weiter ausgegrenzt und abgewertet fühlen. Dies führt genau bei diesen 21 % dazu, dass sie sich einsam fühlen. Vor der Pandemie waren dies lediglich 14 %.

Doch es gibt auch ermutigende Erkenntnisse aus der Studie. Persönliche, familiäre und soziale Ressourcen können durchaus effiziente Schutzfaktoren sein, die die Risiken um das Fünf- bis Zehnfache verringern können. Und deshalb – so die Studienautoren – sollte ganz intensiv in solche Ressourcen investiert werden.

Hierfür müssten jedoch weit mehr niedrigschwellige und flächendeckende lokale und übergeordnete Angebote in der Schule und in den Familien etabliert werden. Und zwar in Gestalt eines umfassenden Konzeptes für ganz Deutschland und nicht – wie bisher – in Form eines unkoordinierten Nebeneinanders von Modellprojekten, die immer wieder neu entstehen und dann auch wieder schnell verpuffen.


Raimund Schmid

Quelle: Science Media Center: Press Briefing "Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland", 04.12.2024