Mehr Kooperation zwischen den Praxen und Kliniken - das wäre ein Traum. In der Pädiatrie ist die Situation eher frustrierend, findet Kinderarzt Dr. Markus Landzettel - und schildert seine Erfahrungen.

In den pädiatrischen Praxen ist seit der COVID-Pandemie und durch die nachfolgende RSV-Welle und Grippe-Welle eine erhöhte Erschöpfung und Belastung des gesamten Personals feststellbar. Dies zeigt sich auch durch einen hohen Krankenstand bei dünner Personaldecke.

Kein Wunder also, wenn es einen dann auch selbst mal trifft und man das Bett hüten muss. Erfreulich ist die weiterhin große Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen, bei krankheitsbedingten Praxisschließungen Vertretungen zu übernehmen. Auch klappt die Übernahme von freien und vakanten Diensten im Kinderärztlichen Bereitschaftsdienst (KinderÄBD) in unserer doch recht kleinen Berufsgruppe sehr gut.

Dieser positive Gesamtblick wird leider oft durch die gewinnorientierte Denkweise mancher Kinderkliniken getrübt. Der Kampf ums Überleben treibt dabei seltsame Blüten. In meinem Bereich gab es über 12 Jahre hinweg eine erfolgreiche Kooperation der Niedergelassenen mit der Kinderklinik bei der Nutzung der Räumlichkeiten an der Kinderklinik für den KinderÄBD. Die unmittelbare Nähe des KinderÄBD zur zentralen Notaufnahme (ZNA) der Kinderklinik war für viele Notfälle segensreich. Der KinderÄBD hielt der Kinderklinik damit auch den Rücken frei für die Versorgung der stationären Patientinnen und Patienten. Außerhalb der Dienstzeiten des KinderÄBD nutzte die Kinderklinik die Räumlichkeiten für ihre Ambulanzen: Eine Win-Win-Situation für alle.

Aber dann: Die notwendige Reduzierung der Dienstzeiten wegen des MFA-Mangels führte seit 2022 zu einem Anstieg der Belastung auf Seiten der Kinderklinik. Der teils aggressive Druck durch die Eltern entlud sich auf die Mitarbeitenden der Kinderklinik. An dieser Stelle hätte die Kinderklinik versuchen können, mit uns die Dienste mit MFAs oder Kinderkrankenschwestern im Pool aufrechtzuerhalten. Die Kinderklinik hat aber stattdessen die Kooperation und die Räumlichkeiten für die Nutzung während des KinderÄBD gekündigt, um die Räumlichkeiten selbst für die eigenen expandierenden Ambulanzen zu nutzen.

Damit wurde also dieses Vorzeigemodell eines KinderÄBD mit direkter Anbindung an die Kinderklinik durch pekuniäre Gründe zerstört. Die Folge: Der KinderÄBD wurde nun von der KV-Hessen in einer ca. 10 km entfernte Kleinstadt angesiedelt. Es fehlt den Diensthabenden die sicherheitsbringende Nähe zur ZNA. Die Patientinnen und Patienten haben im Falle einer stationären Aufnahme längere Wege zu bewältigen. Der Rettungsdienst wird bei der Verlegung mehr gefordert werden. Die Kinderklinik wird mehr Ärger der Patientinnen und Patienten aushalten müssen, da diese im Notfall weiterhin in die nun für sie weiter entfernte Kinderklinik eingewiesen werden. Einige Kolleginnen und Kollegen haben angekündigt, ihr Überweisungsverhalten zu überdenken. Zudem schwindet die Bereitschaft der Kooperation der Praxen, Weiterbildungsassistenten zu beschäftigen. Das ist ein fatales Signal für die Zukunft der ambulanten Pädiatrie.

Da lese ich wohl im Fieberwahn, dass es die Hausärzte zeitgleich schaffen, einen gemeinsamen Tresen neben der ZNA des Klinikums einzurichten. Dadurch kommt es zu Synergieeffekten, Kosteneinsparungen und zu Zufriedenheit bei allen Beteiligten. Ein Traum: Mehr Kooperation zwischen den Praxen und Kliniken. Frustriert mit dem Blick auf die Pädiatrie sage ich nun "Gute Nacht!"


Dr. med. Markus Landzettel, Darmstadt


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2024; 95 (3) Seite 166