Leserbrief zur Meldung/zum Kommentar "Zahl der Kinder mit einem extrem hohen Medienkonsum seit 2019 verdoppelt" von Raimund Schmid in KiPra-Ausgabe 4/2023, S. 234.

Sehr geehrter Kollege Schmid,

Ihr Kommentar zu dem extrem hohen Medienkonsum der Kinder bereitet mir Bauchschmerzen. Ich teile Ihre Ansicht, dass es kaum mehr durchsetzbar ist, die gut begründeten Forderungen nach Reduzierung des Medienkonsums durchzusetzen.

Aber ich sehe unsere Aufgabe als Sozialpädiater darin, auch unbequeme Wahrheiten immer wieder auszusprechen. Nach meinem Kenntnisstand gibt es keinen Nutzwert für die Einführung von Tablets in Kindergärten (siehe u. a. Studien von Prof. Spitzer). Ich bezweifele ebenso, dass die Lesekompetenzen durch Tablets in Grundschulen steigen werden. Die Forderung nach "Empfehlungen, Tablets und Handys(!) als moderne Plattform für Bildungsinhalte einzusetzen" erscheint mir realitätsfern.

Vor- und Grundschulkinder werden die Handys und Tablets nicht zur Steigerung ihrer sozialen und emotionalen oder gar motorisch-koordinativen Kompetenzen gewinnbringend nutzen. Und es wird wohl kein Sozialpädiater bestreiten, dass sich hier ein ungünstiger Trend abzeichnet. Die zunehmende Zahl von Kindern mit Problemen bei der Einschulungsuntersuchung liegt wohl kaum am brachliegenden pädagogischen Potenzial nicht genutzter Handys und Tablets.

Den Medienabusus klar als solchen immer wieder zu benennen, ist aus meiner Sicht frustran, aber leider notwendig.

Lutz Krüger-Ruda
Kinderneurologe aus Soltau


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2023; 94 (5) Seite 353