Die hypoxisch ischämische Enzephalopathie (HIE) bei Neugeborenen tritt als schwere Komplikation im Rahmen einer perinatalen Asphyxie auf. Einer frühen und korrekten Einschätzung der Prognose kommt Bedeutung zu, da hiervon Therapieentscheidungen, Beratung der Eltern und das weitere Vorgehen abhängen.

Die Inzidenz der HIE liegt bei etwa 1,5 von 1.000 Lebendgeburten. Folgen sind schwere neurologische Defizite, wie zum Beispiel Zerebralparesen, und eine hohe Mortalität.

Eine neuere Untersuchung mit einem randomisierten, ­Placebo-kontrollierten, multizentrischen Studiendesign aus den USA (HEAL-Studie) hat ein Vorhersagemodell von schweren neurologischen Defiziten und frühem Tod bei Kindern mit HIE bis zum Alter von 2 Jahren untersucht.

Es wurden insgesamt 424 termingerecht oder später geborene Kinder mit HIE, die eine Hypothermiebehandlung erhielten, in die Studie eingeschlossen. Bei 105 Kindern trat eine ausgeprägte schwere „Enzephalopathie“ auf. Hiervon starben 59 und 46 Kinder entwickelten in der Folge ein schweres neurologisches Defizit. Für die Prognosestellung innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt konnten mit dieser Untersuchung drei Faktoren herausgearbeitet werden:

  • stark pathologisches EEG,
  • pH-Wert im Nabelschnur- und Neugeborenenblut (60 Minuten) ≤ 7,11,
  • APGAR-Score-Wert „0“ 5 Minuten nach der Geburt.

Die Spezifität in der Kombination dieser drei Faktoren betrug 99,6 % (95 %-Konfidenzintervall (KI) 97,5 – 100), der positive Vorhersagewert (PPV) lag bei 95,2 % (95 %-KI 73,2 – 99,3 %). Eine Validierungsuntersuchung mit prospektiven Daten an einer Kohorte ergab eine Spezifität von 97,9 % (95 %-KI 92,7 – 99,8) und einen PPV von 77,8 %. Prognostisch bedeutsam nach der Hypothermiebehandlung erwiesen sich zwei Parameter (von insgesamt 40):

  • Pathologisches T1, T2 oder diffusionsgewichtetes MRT in mindestens 2 von 3 Regionen der grauen Substanz (Thalamus, ­Caudatum, Putamen, Globus pallidus)
  • Pathologisches EEG 24 h nach der Geburt, hier lag die Spezifität in der Kombination bei 99,1 % (95 %-KI 96,8 – 99,9 %) und der PPV bei 91,7 % (95 %-KI 72,8 – 97,8).

Fazit für die Praxis:
In neonatologischen Einrichtungen der höchsten Versorgungsstufe sollten die prognostisch bedeutsamen Faktoren wie EEG, pH-Wert-­Ermittlung, APGAR-Score und MRT ohne Weiteres durchführbar sein. Die Studie ist von großer Bedeutung, um schwerwiegende Verläufe zu präjudizieren und entsprechende Handlungsweisen bzw. Beratungen hieraus ­abzuleiten.

Literatur
Glas HC et al. (2024) Predictors of death or severe impairment in neonates with hypoxic-ischemic encephalopathy. JAMA Network Open. DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2024.49188


Autor
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2025; 96 (2) Seite 83