Die neuen Daten eines US-Forscherteams sind ernüchternd: Hypertonie wird bei Kindern in nicht einmal jedem vierten Fall diagnostiziert und auch nur unzureichend behandelt. Doch woran liegt das?

Die Prävalenz der pädiatrischen Hypertonie liegt bei etwa 3 %, wie Dr. Abbas H. Zaidi und Kollegen vom Nemours Children‘s Hospital in Wilmington herausgefunden haben. Es ist daher verwunderlich, dass weniger als 25 % der betroffenen Kinder überhaupt diagnostiziert werden. Noch gravierender ist es, dass 60 % trotz Diagnose keine Behandlung und altersgemäße Betreuung erhalten.

Ein wesentlicher Grund hierfür könnte sein, dass Eltern und Fachpersonal den gemessenen erhöhten Blutdruckwerten bei Kindern häufig skeptisch gegenüberstehen. Dies zumindest ist das Ergebnis einer Studie (JAMA Netw Open 2024; online 13. Dezember), in die 13 Eltern von Kindern mit diagnostizierter Hypertonie (jedoch ohne medikamentöse Behandlung) sowie 25 Kinder- und Jugendärzte und Krankenpfleger an zehn Kliniken in Delaware und Pennsylvania (mittleres Alter 43 Jahre, 8,6 % Frauen) einbezogen wurden.

Zwar waren die Eltern grundsätzlich bereit, jährliche Blutdruckkontrollen bei ihren Kindern vornehmen zu lassen. Zugleich standen sie aber – wie auch die Pädiater selbst – hohen Blutdruckwerten äußerst skeptisch gegenüber. Speziell der mangelnde Glaube an die Messwerte, der überraschenderweise sogar oft von den Ärzten auf Eltern übertragen wurde, stellt eine große Barriere für eine rechtzeitige und optimale Blutdruck-Behandlung dar. Hinzu kamen die häufig begrenzte Erfahrung und Ausbildung der Fachleute im Umgang mit der kindlichen Hypertonie. Zum Beispiel verzichteten den Ergebnissen der Studie zufolge die Behandler oftmals darauf, Medikamente aufgrund der von ihnen befürchteten Nebenwirkungen in ausreichendem Maße zu verschreiben. Diese Verhaltensweisen – unter anderem auch von Kinder- und Jugendärzten – führte dazu, dass die ohnehin vorhandene Skepsis der Eltern gegenüber der Krankheit Hypertonie ihrer Kinder noch verstärkt wurde.

Behandelnde Ärzte sollten künftig weit stärker als bislang ihre Bedenken und Zweifel zum Beispiel auch über den Einsatz von Antihypertensiva offen ansprechen, die Eltern aber auch objektiver und umfassender über die Potenziale einer Hypertonie-Behandlung aufklären. Nur so könne die Unterversorgung betroffener Kinder verringert werden, meinen die Studienautoren.


Raimund Schmid

Quelle: Zaidi AH, Sood E, De Ferranti S, et al. (2024): Parent and Primary Care Clinician Perceptions About Pediatric Hypertension. JAMA Netw Open. 2024;7(12):e2451103. Doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.51103