Die Symptome einer Batterieingestion sind häufig unspezifisch (Dysphagie, Fieber, Husten), was die Gefahr einer verzögerten Diagnosestellung birgt. Dabei gehört die Ingestion einer Knopfbatterie proximal des Magens zu den Notfällen höchster Dringlichkeit. Die Autoren stellen drei komplizierte Verläufe einer Fallserie dar.
Ingestionen und Aspirationen von Fremdkörpern gehören zu den klassischen Verdachtsdiagnosen in der pädiatrischen Notfallambulanz. Die größte Häufung findet sich im Säuglings- und Kleinkindalter und bei behinderten Kindern. Die typische Anamnese ist ein plötzlicher Symptombeginn mit Speicheln, Husten, Dyspnoe und Erbrechen (siehe Fallberichte) während des Spielens oder der Nahrungsaufnahme, jedoch kann insbesondere die Fremdkörperingestion auch unbemerkt bleiben und die Symptomatik sehr diskret sein. Ein besonderes und anteilsmäßig zunehmendes Risiko stellt die Ingestion von Batterien dar [1]. Diese sind im Haushalt vielfältig vorhanden, unter anderem in Form von Knopfzellen in Spielzeug, Dekorationslichtern, Fernbedienungen, Uhren und Hörgeräten.
Pathophysiologie
Entgegen verbreiteter Meinung ist bei Batterieingestionen nicht der Austritt von alkalihaltigen Substanzen der schädigende Auslöser, sondern die durch einen minimalen Stromfluss erzeugte Hydrolyse mit der Bildung von basisch wirkenden Hydroxidionen, welche ihrerseits binnen kurzer Zeit eine Kolliquationsnekrose erzeugen können. Dieser Prozess beginnt bereits nach einer Liegedauer von etwa 15 Minuten [2]. Ab einer Ingestionszeit von > 2 Stunden sind Nekrosen zu erwarten [3].
Besonders problematisch ist dabei eine Fremdkörperlage im Bereich des Hypopharynx und Ösophagus, weil durch die Gewebsschädigung in diesem Bereich neben einer Larynxschädigung und einer Ösophagusperforation mit konsekutiver, lebensbedrohlicher Mediastinitis das Risiko einer tracheoösophagealen oder sogar vasoösophagealen Fistel besteht [1]. Hat die Batterie erst einmal den Magen erreicht, besteht – abhängig von ihrem Durchmesser, der Größe des Kindes und dem Mageninhalt – nicht unbedingt Entwarnung, jedoch ist die Situation nicht ganz so kritisch wie proximal davon.
Klinik und Diagnose
Die Symptome einer Batterieingestion sind häufig unspezifisch (Dysphagie, Fieber, Husten), was die Gefahr einer verzögerten Vorstellung und Diagnosestellung birgt. Bei Säuglingen kommen Nahrungsverweigerung, Dyspnoe, Speicheln und Erbrechen vor, bei größeren Kindern eher lokale Symptome, beispielsweise thorakale oder abdominelle Schmerzen [3]. Eine begleitende Kompression von Larynx oder Trachea kann außerdem zu einer Atemstörung führen.
Risikofaktoren für schwere Verläufe sind ein Batteriedurchmesser von mehr als 2 cm (z. B. 3-V-Lithiumionenbatterie) und ein Alter unter 5 Jahren, darüber hinaus eine höhere Batteriespannung bzw. -ladung, Blutungszeichen und eine Lage auf Höhe des Aortenbogens [3].
Die meisten ingestierten Fremdkörper sind röntgendicht, daher ist die Wertigkeit der Röntgen-Thorax-Aufnahme in diesem Fall belegt [4]. Bei Knopfbatterien findet sich radiologisch typischerweise eine durch die äußere Form bedingte Doppelkontur. Das Fehlen dieses Zeichens ist jedoch kein sicherer Ausschluss, sodass in jedem Verdachtsfall von einer Batterieingestion ausgegangen und diese je nach Lage endoskopisch abgeklärt werden muss.
Fallserie und Fallberichte
In den Jahren 2015 bis 2021 wurden in unserer Klinik 20 Patienten im Alter von 10 Monaten bis 5 Jahren mit einer Knopfzellingestion behandelt (Tab. 1). In der Mehrzahl der Fälle, insbesondere bei Lage im Magen oder distal des Magens, war der Verlauf unproblematisch. Bei 9 Patienten konnten die Knopfbatterien unkompliziert mittels Gastroskop aus dem Magen entfernt werden, eine endoskopische Bergung war bei vollem Magen, eine weitere bei 4 Tage langer Liegedauer erschwert. In 6 Fällen kam es zu einer natürlichen Ausscheidung über den Gastrointestinaltrakt. Die 3 kompliziertesten Verläufe werden nachfolgend einzeln dargestellt, sie belegen das erhöhte Risiko bei ösophagealer Position der Knopfbatterie und verzögerter Entfernung aus dieser Lokalisation.
Radiologische Bestätigung des Verdachtes (Abb. 1), anschließend nach einer Liegedauer von ca. 4 Stunden laryngoskopische Entfernung in Intubationsnarkose und Nachbeatmung. Bei den endoskopischen Verlaufskontrollen zunehmende Ulzeration im oberen Ösophagus und nekrotische Schädigung des dorsalen Larynx (Abb. 2). Entwicklung einer Mediastinitis, mehrere erfolglose Extubationsversuche. Nach 6 Wochen Versterben im Rahmen einer Sepsis bei Agranulozytose.
Dort mittels Durchleuchtung Bestätigung der Knopfzellingestion. Nach erneut erfolglosem mechanischen Entfernungsversuch Verlegung des Kindes in unsere Klinik. Ankunft nach einem Verlauf von ca. 3,5 Stunden und Übernahme in den OP. Dort endoskopische Bergung aus dem Bereich des oberen Ösophagussphinkters und Darstellung einer nekrotischen Schleimhautläsion, welche bei der Verlaufskontrolle am Folgetag progredient war (Abb. 3). Ernährung über eine gastrale Sonde, im Verlauf unkomplizierter oraler Nahrungsaufbau. Letztlich gute Abheilung ohne Residualschaden.
In der Röntgen-Thorax-Aufnahme Hinweis auf eine Knopfzelle in Projektion auf den Hypopharynx (Abb. 4). Laryngoskopische Darstellung oberhalb des oberen Ösophagussphinkters, mit der Magillzange greifbar, aber bei Verkeilung nicht zu mobilisieren. Nach Intubation und Sedierung erfolgloser Bergungsversuch mittels Kleinsasser-Rohr (HNO), schließlich Lösung und Entfernung erst durch Zurückziehen eines distal der Knopfbatterie positionierten Ballonkatheters (Gastroenterologie). Endoskopischer Nachweis ausgeprägter beidseitiger Nekrosen (Abb. 5 a). Zur zwischenzeitlichen Ernährung operative Anlage einer PEG-Sonde, innerhalb von 4 Wochen allmähliche Abheilung ohne Perforation oder Strikturen (Abb. 5 b).
Diagnostischer Fallstrick
Einen potenziellen Fallstrick bei der Diagnosestellung zeigt ein weiterer Fall eines 11 Monate alten Säuglings, welcher mit dem seitens der Eltern geäußerten Verdacht auf Batterieingestion in der kinderklinischen Notfallambulanz vorgestellt wurde. Die Mutter berichtete, dass das Kind auf dem Boden mit einer Packung Knopfzellen des großväterlichen Hörgerätes gespielt habe. In der unmittelbar nach radiologischer Diagnostik (Abb. 6) durchgeführten Ösophagogastroskopie konnte kein Fremdkörper dargestellt werden.
Wie sich später herausstellte, waren bei der Röntgenaufnahme die Druckknöpfe des Bodys zwischen Kind und Filmplatte gerutscht. Die kleinen Knopfzellen fanden sich später bei erneuter Suche zu Hause wieder.
Fazit
Neben der Wahrnehmung der oben genannten Risikofaktoren und der Lage der Knopfzelle spielt die Dauer bis zur Entfernung eine entscheidende Rolle für das Ausmaß der Schädigung. Dies bestätigen auch die dargestellten Fälle mit ungünstigem Ausgang, bei denen es aus verschiedenen Gründen zu einer verzögerten Bergung der noch im Ösophagus lokalisierten Knopfzelle kam.
In jedem Fall stellt die Batterieingestion einen Notfall höchster Dringlichkeit dar. Jede Klinik sollte strukturelle Voraussetzungen schaffen, um eine möglichst zügige und sichere Fremdkörperbergung gewährleisten zu können. Die enge Zusammenarbeit zwischen Pädiatrie, Anästhesiologie, Kinderchirurgie, HNO-Heilkunde und Gastroenterologie bereits bei der Erstellung einer klinikinternen Handlungsanweisung stellt den reibungslosen interdisziplinären Ablauf im Akutfall sicher [4]. Ein praktikables Beispiel findet sich auf den Seiten des National Capital Poison Center (USA) [5].
- Anamnese und Symptomatik einer Batterieingestion können unspezifisch sein, sodass bei entsprechender Konstellation immer daran gedacht werden sollte.
- Die Ingestion einer Knopfbatterie proximal des Magens gehört zu den Notfällen höchster Dringlichkeit.
- Für einen schnellen und reibungslosen Ablauf bei der Entfernung hilft ein interdisziplinär erstelltes krankenhausinternes Ablaufschema.
Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2021; 92 (4) Seite 96-99