Dr. Sebastian Friedrich aus der Klinik für Neuropädiatrie und Muskelerkrankungen im Department für Kinder-, Jugend und Frauenmedizin am Universitätsklinikum Freiburg ist mit dem diesjährigen Posterpreis der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) ausgezeichnet worden.
Beim Kongress für Kinder- und Jugendmedizin 2024 in Mannheim präsentierte Friedrich zusammen mit Co-Autoren ein beeindruckendes Poster (siehe Abb. 1) über die Probleme des Erwachsenwerdens und der Transition von Patienten mit Duchenne-Muskeldystrophie (DMD). Bislang gibt es international keine gut beschriebenen Abläufe zur Transition von Patienten mit DMD. Über weitere Schlussfolgerungen der in dem Poster zusammengefassten Erkenntnisse informiert der Autor im folgenden Beitrag.

Für Jugendliche, die mit einer chronischen Erkrankung leben, ist der Übergang von der Kinder- und Jugendmedizin zur Versorgung in der Erwachsenenmedizin oft mit Herausforderungen verbunden. Besondere Herausforderungen ergeben sich bei Erkrankungen, deren Auswirkungen auf den Alltag sich in der Adoleszenz deutlich verändern. Die Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) ist eine X-chromosomal-rezessiv vererbte, progrediente Muskelerkrankung. Meist verlieren die Patienten im Alter von 10 bis 15 Jahren die Gehfähigkeit. Somit fällt das Streben nach persönlicher Autonomie in eine Phase zunehmender körperlicher Abhängigkeit.
Zugleich hat sich die Lebenserwartung der fast ausschließlich männlichen Personen mit DMD in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert, vor allem durch Fortschritte in der Beatmungsmedizin. Dadurch gibt es eine wachsende Gruppe von jungen und älteren Erwachsenen mit DMD, die nicht mehr in den Strukturen der Kinder- und Jugendmedizin versorgt werden können. Bislang gibt es international keine gut beschriebenen Abläufe zur Transition von Patienten mit DMD.
Ziel der vergleichenden Forschungsstudie von Patientenerfahrungen und Versorgungssystemen zur Optimierung der Versorgung ("GrowDMD") ist es, Erfahrungen von Patienten und Betreuungspersonen mit der Erfahrung von Gesundheitsdienstleistenden zu vergleichen, um langfristig die Versorgung zu verbessern. Gemeinsam mit klinischen Projektpartnern, Patientenorganisationen und Personen mit DMD sowie An- und Zugehörigen aus Deutschland, Kanada und Italien werden dazu hauptsächlich qualitative Interviewdaten erhoben, um die Erfahrungen der Beteiligten in Bezug auf diesen Lebensabschnitt im Allgemeinen und die medizinische Versorgung im Besonderen zu rekonstruieren.
Bislang wurden 75 Interviews geführt und die Auswertung der Daten wird bis Frühjahr 2025 abgeschlossen sein. Vorläufige Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Erwachsenwerden an sich für die Personen mit DMD eine wesentlich zentralere Rolle spielt als Veränderungen in der medizinischen Versorgung.Aus Sicht des Gesundheitssystems und der darin arbeitenden Personen ist dies offenbar nicht immer so deutlich wahrzunehmen, da der Fokus mehr auf der Erkrankung liegt.
Die weitere Datenauswertung erfolgt in ständiger und enger Abstimmung mit Patientenorganisationen und Personen mit DMD als Forschungspartnern im Sinne eines integrierten Wissenstransfers.
Trotz einer großen Zahl neuer medikamentöser Therapieoptionen ist die Behandlung und Betreuung von jungen Erwachsenen mit Duchenne-Muskeldystrophie nach wie vor ein wichtiger und wenig beleuchteter Bereich. Gemeinsam möchten wir mit diesem Projekt Antworten entwickeln, die für die tägliche Versorgung von Bedeutung sind. Dazu gehören z. B. Leitfäden und Handlungsempfehlungen für Gesundheitsberufe, aber auch Informations-, Schulungs-, und Beratungsangebote. Neben den Autorinnen und Autoren sind weitere Personen an dem Projekt beteiligt, die auf dem Poster namentlich genannt sind. Wir freuen uns über die Anerkennung für das Projekt durch den Posterpreis der DGSPJ 2024!
|
|
Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2025; 96 (1) Seite 66-67