Ekkehart Paditz (Hrsg.): Babyschlaf. Rückenlage als Schlafposition von Säuglingen von der Antike bis zum Beginn der SIDS-Bauchlagekatastrophe 1931. 1. Auflage 2023, 120 Seiten, 52 Abbildungen. kleanthes Verlag für Medizin und Prävention, Dresden. ISBN 978-3-942622-25-7; 39,90 Euro

In seinem Buch "Babyschlaf. Rückenlage als Schlafposition von Säuglingen von der Antike bis zum Beginn der SIDS-Bauchlagenkatastrophe 1931" begibt sich der Autor Ekkehart Paditz auf eine intensive systematische und kritische Spurensuche nach Dokumenten und Informationen, welche sich seit dem Altertum mit der Betreuung von schlafenden Säuglingen beschäftigen.

Im Mittelpunkt der Recherchen des erfahrenen Kinderschlafmediziners Paditz steht dabei die Frage, warum die 1931 von den New Yorker Pädiatern Hess und Greene propagierte Bauchlage als Schlafposition für Säuglinge bei Medizinern zunächst in Nordamerika, später in Europa nahezu kritiklos Gehör fand. Die mittlerweile als "iatrogene Bauchlagenkatastrophe" bezeichnete Empfehlung von Hess und Greene kostete bekanntermaßen in den folgenden Jahrzehnten weltweit schätzungsweise mehreren Hunderttausend Kindern das Leben.

Bei der Suche nach Antworten begegnen den Lesenden Abdrucke aus den Anfängen der Fotografie, Aufzeichnungen zum Umgang mit dem schlafenden Säugling aus verschiedenen Kulturen, Zitate aus medizinischen Ratgebern, pädiatrischen Lehrbüchern und psychologischen Texten der letzten Jahrhunderte sowie Werke der darstellenden Kunst. Die inhaltlichen Quellen reichen bis zu mesopotamischen Keilschriften aus der Zeit um 2000 vor Christus und erlauben, sich aus ganz unterschiedlichen Perspektiven mit der Stellung des jungen Kindes in den jeweiligen Gesellschaften und der daraus folgenden Wahrnehmung frühkindlicher Bedürfnisse auseinanderzusetzen.

Aus dieser ganzheitlichen Betrachtungsweise heraus weist Ekkehart Paditz darauf hin, dass die Rückenlage als bevorzugte Schlafposition von Säuglingen seit der Antike bis in das 20. Jahrhundert hinein empfohlen und praktiziert wurde. Diese Traditionslinie wurde jedoch 1931 unterbrochen. Nun ist die Entwicklung der modernen Medizin, wie sie heute in Industrieländern praktiziert wird, nicht denkbar ohne dauerhaft kritische, mithin evidenzbasierte Überprüfung angestammter Behandlungsmethoden. Auch dies ist ein Thema des uneingeschränkt empfehlenswerten Buches.

Insbesondere befasst sich das in der Reihe "Aktuelle Kinderschlafmedizin" des Dresdner Verlages "kleanthes" erschienene Werk jedoch konkret und beispielhaft mit den Gefahren und fatalen Folgen, welche aus Geschichtsvergessenheit entstehen können. Aber lesen Sie doch selbst!



Autor
PD Dr. med. habil. Axel Hübler, Chemnitz

Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2023; 94 (4) Seite 290