Haben Kinder und Jugendliche mit neurologischen Störungen (NDD) wie etwa ADHS ein erhöhtes Risiko, übergewichtig oder sogar fettleibig zu werden? Eine kürzlich veröffentlichte Studie aus Schweden deutet darauf hin.
Das Forscherteam um Dr. Miguel Garcia-Argibay von der Universität Örebro untersuchte in einer Querschnittsstudie den Zusammenhang zwischen Adipositas und neurologischen Entwicklungsstörungen wie Autismus-Spektrum-Störungen (ASD), Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) und Lernstörungen (LD). Die Datenanalyse mit Daten aus der „Child and Adolescent Twin Study in Sweden (CATSS)“ wurde zwischen dem 27. 09. 2023 und dem 30. 01. 2024 durchgeführt. Die Kohorte umfasste 24.969 schwedische Zwillinge (51 % Jungen) mit einem Durchschnittsalter von 9 Jahren, die zwischen 1992 und 2010 geboren wurden und zwischen Juli 2004 und April 2020 untersucht wurden.
Von diesen wurden 1.103 (4 %) positiv auf eine oder mehrere neurologische Störungen getestet, einschließlich ADHS, ASD und/oder Lernbehinderungen. Ein Anstieg des BMI wurde auch bei Kindern ohne neurologische Störungen beobachtet, jedoch war der Anstieg des 85. BMI-Perzentils zwischen 2004 und 2020 bei Jugendlichen mit NDD größer. Der größte Unterschied wurde bei ASD und Lernbehinderung beobachtet. In der jüngsten Kohorte (2016 – 2020) war das 85. BMI-Perzentil bei Kindern mit Entwicklungsstörungen um fast 1,99 Punkte höher als bei Kindern ohne Entwicklungsstörungen.
Garcia-Argibay und Kollegen führen den Anstieg des BMI auf mehrere Faktoren zurück: Die zunehmende Verfügbarkeit von verarbeiteten, kalorienreichen Lebensmitteln (Fast Food) in den letzten Jahrzehnten kann sich besonders auf Kinder mit NDD auswirken. Die stundenlange Beschäftigung mit Computern, Tablets oder Mobiltelefonen hat seit 2002 deutlich zugenommen. Symptome wie Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und eingeschränkte Interessen können es für Kinder mit neurodegenerativen Erkrankungen im Vergleich zu ihren Altersgenossen besonders schwierig machen, Bildschirmarbeit und sitzende Tätigkeiten einzuschränken. Darüber hinaus können sich gesellschaftliche Veränderungen wie längere Arbeitszeiten der Eltern besonders auf den Familienalltag, die Qualität der Ernährung, das Bewegungsverhalten und die Gewichtskontrolle von Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung auswirken.
Die Wissenschaftler fordern daher verstärkte Anstrengungen und frühzeitige Interventionen, um Adipositas mit ihren lebenslangen gesundheitlichen Folgen und Komplikationen in diesen Hochrisikogruppen zu verhindern
Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2024; 95 (6) Seite 398