Können Mütter, die sich kurz vor der Entbindung mit dem Coronavirus infiziert haben, ihr Kind unbedenklich stillen oder besteht für das Neugeborene die Gefahr einer Ansteckung? Eine Studie an der Universität in Rom liefert hierüber nun Aufschlüsse.

Dr. Maria Giulia Conti konnte mit ihrem Team nachweisen, dass über die Muttermilch infizierter Mütter keine Viren übertragen werden. Im Gegenteil: Die neugeborenen Kinder bekommen einen passiven Schutz durch in der Milch enthaltenen Antikörper und zusätzlich sorgt die Weitergabe spezifischer Immunkomplexe für eine aktive Immunisierung. Daher wird auch für Mütter mit einer Corona-Infektion das Stillen ausdrücklich empfohlen.

Das Forschungsteam um Dr. Conti hatte in die Beobachtungsstudie 21 Mütter, die zum Geburtszeitpunkt SARS-CoV-2-positiv getestet worden waren, und – bei einer Zwillingsgeburt - 22 Kinder aufgenommen. Bei allen Kindern wurde unmittelbar nach der Geburt ein PCR-Test durchgeführt, der nur bei einem Kind positiv war. Es hatte sich bereits im Mutterleib infiziert, eine sogenannte vertikale Übertragung. Um eine horizontale Übertragung zwischen Mutter und Kind zu vermeiden, wurden Mütter und Kinder unmittelbar nach der Entbindung getrennt. Bei der Entlassung erhielten die Mütter eine Stillempfehlung und Anleitungen zu den speziellen Hygieneregeln. Von den Müttern und Neugeborenen wurden postpartal nach 48 Stunden und zwei Monate nach der Geburt Blutproben auf spezifische Antikörper untersucht. Bei den Kindern wurden Speichelproben entnommen. Untersucht wurden auch abgepumpte Milchproben. Als Kontrolle dienten Milchproben von Frauen, die nicht SARS-CoV-2 infiziert waren.

Nur bei dem Neugeborenen, das sich bereits im Mutterleib infiziert hatte, wurden spezifische IgG-Antikörper im Serum nachgewiesen. Die Blutproben aller anderen Kinder wurden negativ auf SARS-CoV-2-spezifische IgG-, IgA- oder IgM-Antikörper getestet. Auch zwei Monate nach der Geburt fanden sich keine spezifischen Antikörper im Serum der Kinder mit der Ausnahme eines Kindes, das sich postpartal infiziert hatte.

Es zeigte sich, dass bei den Speichelproben aller Kinder der Gesamt-IgA angestiegen war, bei den gestillten Kindern waren SARS-CoV-2-spezifische IgA- und auch IgG-Antikörper-Titer deutlich höher als bei den Kindern, die keine Muttermilch erhielten. SARS-CoV-2-spezifisches IgA wurde nur bei den gestillten Kindern gefunden und ist nach Einschätzung des Forschungsteams ein Hinweis, dass die mukosale Immunabwehr durch die Muttermilch stimuliert wird. Die Milchproben wurden auf spezifische SARS-CoV-2-IgA-Antikörper und spezifische IgA-Immunkomplexe untersucht. Die Konzentrationen waren 48 Stunden nach der Geburt kurz nach der mütterlichen Infektion höher als zwei Monate später, allerdings war der Unterschied nur bei den Immunkomplexen signifikant.

Nach Auffassung der Mediziner bietet das Stillen nicht nur nicht nur einen passiven Schutz, sondern sorgt auch für eine aktive Immunisierung des Kindes. Dr. Conti und ihre Kolleginnen empfehlen daher das Stillen auch im Falle einer Corona-Infektion der Mutter.


Literatur
Conti MC et al. Immune Response of Neonates Born to Mothers Infected With SARS-CoV-2. JAMA Network Open. 2021;4(11): e2132563. https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2021.32563

Katharina Maidhof-Schmid