Typ-1-Diabetes ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter, die jedoch oft erst erkannt wird, wenn bereits schwerwiegende Ketoazidosen auftreten. Sind daher nicht fortlaufende Screenings ab dem Alter von zehn Jahren sinnvoll?

Die Frage stellt sich, weil die Früherkennung bei Diabetes in Deutschland – etwa im Zuge der Studien Fr1da und Fr1dolin – vor allem bei jüngeren Kindern vor dem zehnten Lebensjahr durchgeführt wird. Ist aber auch noch ein späteres Screening bei älteren Kindern geeignet, um ein Erkrankungsrisiko für Diabetes Typ-1 zu erkennen?

Dr.Mohamed Ghalwash (Ain-Shams-Universität, Kairo) hat mit seinen Kollegen in einer prospektiven Kohortenstudie untersucht, ob Tests zu einem späteren Zeitpunkt Auskunft über das Erkrankungsrisiko im Alter bis 18 Jahre geben können. In die Studie wurden 1.890 Kinder aufgenommen, die ein erhöhtes Diabetes-Risiko aufgrund ihres HLA-Genotyps hatten. 59 % waren genetisch vorbelastet.Sie hatten Verwandte ersten Grades mit Typ-1-Diabetes. Diese Kinder wurden bis zum Alter von 18 Jahren bzw. bis zur Diagnose eines Typ-1-Diabetes nachbeobachtet. Im Alter von zehn und 14 Jahren wurden Insel-Autoantikörper (Autoantikörper gegen Insulin, gegen Glutamat Decarboxylase und gegen Insulinoma-assoziiertes Antigen 2) bestimmt. Die Daten für die Studie stammten aus Finnland (Diabetes Prediction and Prevention Study), den USA (Diabetes Autoimmunity Study in the Young, Diabetes Evaluation in Washington Study) und Deutschland (BABYDIAB-Studie).

442 (23,4 %) der Heranwachsenden wurden auf mindestens einen Antikörper positiv getestet, 262 (13,9 %) erkrankten bis zum Alter von 18 an Diabetes Typ 1. Bei den 227 Autoantikörper-positiven Erkrankten betrug der Zeitraum vom letzten prädiagnostischen Test bis zur Diagnose im Schnitt 3,6 Monate. 35 Teilnehmende entwickelten trotz negativer Antikörper Diabetes; bei ihnen dauerte es vom letzten Test bis zur Diagnose im Median 6,8 Jahre. Für jedes zusätzliche Lebensjahr, das bis zur Serokonversion verging, verlängerte sich die Zeit von der Konversion bis zur Diagnose um 7,7 Monate.

Ein einmaliges Screening auf Insel-Autoantikörper im Alter von zehn Jahren geht mit hoher Sensitivität von 90% für eine spätere Erkrankung an Typ-1-Diabetes und einer hohen prädiktiven Aussagekraft einher.

Das Forschungsteam empfiehlt daher, das Screening auf Typ-1-Diabetes in die bestehenden Vorsorgeprogramme zu integrieren und damit zu verhindern, dass bei der Diagnose bereits eine Ketoazidose besteht. Das Diabetes-Screening hilft, die Erkrankung in einem frühen Stadium zu erkennen und somit gut zu behandeln. Lebensbedrohliche Überzuckerungen werden vermieden. Die Familien können frühzeitig geschult und bestmöglich betreut werden


Quelle:
Mohamed Ghalwash, PhD et al.: Islet autoantibody screening in at-risk adolescents to predict type 1 diabetes until young adulthood: a prospective cohort study : Published: January 18, 2023 DOI: https://doi.org/10.1016/S2352-4642(22)00350-9

Katharina Maidhof-Schmid