Haben mütterliche Essstörungen während oder vor der Schwangerschaft einen Einfluss auf die Entwicklung psychiatrischer Störungen beim Kind? Dieser Frage ging ein schwedisches Forschungsteam in einer populationsbasierten Kohortenstudie nach.
Die Ernährung während der Schwangerschaft spielt eine wichtige Rolle für die fetale Entwicklung des Kindes. Der Ernährungszustand vor und während der Schwangerschaft ist entscheidend für die sich entwickelnden Organe. Ein Mangel an Makro- und Mikronährstoffen während der Schwangerschaft kann diese Prozesse stören und sich auch auf die Entwicklung des Gehirns auswirken. Ein Mangel an Vitamin D während der Schwangerschaft wird schon seit längerem mit Verhaltensauffälligkeiten, Autismus-Spektrum-Störungen (ASS), Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) und Schizophrenie bei Kindern in Verbindung gebracht.
Ein Forscherteam um Dr. Ida K. Nilsson vom Karolinska-Krankenhaus in Stockholm konnte nun bestätigen, dass Kinder von Müttern, die vor oder während der Schwangerschaft eine Essstörung hatten oder vor der Schwangerschaft untergewichtig, übergewichtig oder fettleibig waren, ein höheres Risiko für neuroentwicklungsbedingte und psychiatrische Störungen haben. Für die bevölkerungsbasierte Register-Kohortenstudie wurden die Daten von 392.098 Müttern mit einem Durchschnittsalter von 30,15 Jahren und deren 649.956 Kindern ausgewertet.
Die Studie umfasste alle Lebendgeburten in Finnland zwischen dem 1. Januar 2004 und dem 31. Dezember 2014, danach bis zum 31. Dezember 2021. Die Datenanalyse erfolgte zwischen dem 1. September 2023 und dem 30. September 2024. Aus einem der Register erhielten die Forscherinnen und Forscher auch Informationen über die Diagnosen von Müttern und Kindern sowie über die Verschreibung von Medikamenten und den BMI der Mutter. Die Daten stammten aus dem finnischen medizinischen Geburtsregister, dem finnischen Register für Gesundheitsversorgung (HILMO) und dem finnischen Register für erstattungsfähige Arzneimittel (RRD).
Eine Essstörung lag bei 1,6 Prozent der Mütter vor, knapp 6 Prozent waren vor der Schwangerschaft untergewichtig und 53,13 Prozent übergewichtig oder adipös. Bei 16,43 Prozent der in die Studie eingeschlossenen Kinder wurde eine neurologische oder psychiatrische Entwicklungsstörung diagnostiziert.
Den stärksten Zusammenhang konnten die Forscherinnen und Forscher bei unspezifischen Essstörungen feststellen: Kinder betroffener Mütter hatten ein etwa dreifach erhöhtes Risiko, Schlafstörungen, Tics und soziale Funktionsstörungen (wie Autismus oder Schizophrenie) zu entwickeln.
Auch das Gewicht der Mütter erwies sich als starker Risikofaktor. Wenn die Mutter während der Schwangerschaft stark übergewichtig war, diagnostizierten die Ärzte bei den Kindern doppelt so häufig eine Intelligenzminderung. Mütterliches Untergewicht war mit Ausnahme von Ess- und Schlafstörungen mit allen untersuchten psychischen Erkrankungen des Nachwuchses assoziiert. Untergewicht der schwangeren Mutter kann zu einer Unterversorgung mit Mikro- und Makronährstoffen führen, die für die Gehirnentwicklung des Kindes wichtig sind. Bei Übergewicht der Mutter können spezifische Mikronährstoffdefizite auftreten, und zusätzlich kann Adipositas zu Entzündungsreaktionen, Hyperglykämie und Insulinresistenz führen. Die Forscher sind daher der Ansicht, dass das Gewicht der Mutter vor der Schwangerschaft und Essstörungen klinisch berücksichtigt werden sollten, um psychiatrischen Erkrankungen bei den Kindern vorzubeugen.
Katharina Maidhof-Schmid