Dissoziales Verhalten kommt gerade bei jungen Menschen mit einer ADHS-Erkrankung überdurchschnittlich häufig vor. Eine Therapie mit Stimulanzien kann zwar die Rate an Gewaltstraftaten reduzieren, andere Delikte hingegen jedoch nicht.

Dies sind Ergebnisse von Erhebungen aus einem norwegischen Datenregister, in dem insgesamt 5.624 Jugendliche im Alter von zehn bis 18 Jahren mit der Diagnose ADHS erfasst waren. Das Register enthielt zudem Angaben darüber, ob die Patienten mit Stimulanzien behandelt und ob sie straffällig geworden sind. Die Ergebnisse wurden mit einer großen Kontrollgruppe von über 50.000 gleichaltrigen norwegischen Jugendlichen mit vergleichbarem sozialen Standes ohne ADHS verglichen. Dabei stellte sich zunächst heraus, dass die Jugendlichen mit einer ADHS signifikant mehr Straftaten (Junge mit ADHS 38,48 Prozent, ohne ADHS 18,86 Prozent. Mädchen mit ADHS 18,37 Prozent, ohne ADHS) 5,49 Prozent) begehen. Werden die jungen Menschen im Folgenden jedoch medikamentös behandelt, sinkt deren Rate an Gewaltstraftaten. Diese Ergebnisse stimmen mit anderen Studien und Metaanalysen überein, wobei allerdings nicht ersichtlich wird, wie lange und wie häufig die Jugendlichen aus Norwegen Stimulanzien erhalten haben.

Weitere einschränkende Erkenntnis: Keine Auswirkungen haben die Therapien offenbar auf Drogenkriminalität, Einbrüche und andere geplante Straftaten. Deren Raten bleiben trotz medikamentöser Unterstützung unverändert hoch. Unklar bleibt aus den Resultaten der Studie auch, ob der Rückgang der Kriminalitätsrate allein auf die Medikation zurückzuführen ist. Häufig kommen zusätzlich zu einer Stimulanzien-Therapie andere begleitende Maßnahmen hinzu, die ebenfalls einen Effekt auf eine reduzierte Kriminalitätsrate haben könnten.

Raimund Schmid