Mehr als zwei Drittel aller Schülerinnen und Schüler klagt Studien zufolge regelmäßig über Kopfschmerzen. Jede/r fünfte unter ihnen verpasst dadurch wiederholt den Unterricht.

Bekanntermaßen sind Leistungsdruck, emotionaler Stress, zu viel Zeit am Bildschirm und zu wenig Bewegung die Ursache. Wiederholte und langanhaltende Lockdowns haben all diese Faktoren noch einmal deutlich verstärkt. Dennoch werden Kopfschmerzen bei Kindern oftmals nicht ernst genommen und gar nicht an die Pädiater herangetragen. Dies wurde bei einer Online-Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Schmerzkongresses 2021 beklagt. Denn „Kopfschmerzen können den Alltag und die Zukunft junger Menschen stark beeinträchtigen“, bekräftigt PD Dr. med. Gudrun Goßrau, Leiterin der Kopfschmerzambulanz im Interdisziplinären Universitätsschmerzzentrum am Universitätsklinikum Dresden und Kongresspräsidentin des Deutschen Schmerzkongresses 2021.

Laut den Ergebnissen einer Querschnittsstudie in Dresden, bei der über 2.700 Schülerinnen und Schülern einbezogen wurden, gaben mehr als zwei Drittel aller Befragten an, regelmäßig an Kopfschmerzen zu leiden Gut ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen mit mehr als zwei Kopfschmerztagen im Monat fehlte dadurch regelmäßig in der Schule. „Eine ärztliche Diagnose und Therapie der Kopfschmerzen erhalten nur die Wenigsten“, sagt die Kopfschmerzexpertin. „Dabei sind Migräne und Spannungskopfschmerz die häufigsten eigenständigen Schmerzdiagnosen bei Kindern und Jugendlichen.“

Als Ausweg sehen viel zu viele Eltern die Selbstmedikation an. Es sei „alarmierend“, dass Kopfschmerzen häufig in Eigenregie mit frei verkäuflichen Medikamenten bekämpft würden. Bei zu häufiger – nicht indizierter - Einnahme könnten Medikamente die Kopfschmerzen sogar auch verstärken. Manche Mittel seien für Kinder zudem überhaupt nicht geeignet.

Dabei könnten schon einfache Maßnahmen zu einer Linderung führen. Dazu zählen zum Beispiel die Umstellung des Tagesrhythmus, weniger Termindruck und mehr Entspannungszeiten (ohne Handy), ausreichendes Trinken, genügend Schlaf oder regelmäßiger Sport. Falls das nicht entscheidend weiterhilft, bedarf es interdisziplinärer Konzepte – wie etwa dem Dresdner Kinderkopfschmerzprogramm (DreKiP). In Deutschland bestehe jedoch ein Versorgungsbedarf, der mit den „vorhanden Therapiestrukturen nicht abgedeckt wird“, bemängelt Goßrau. Daher müssten dringend mehr spezifische wie auch interdisziplinäre Therapiemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche mit Kopfschmerzen geschaffen werden.

Dies wäre auch eine sinnvolle Prävention für das spätere Lebensalter. Daten einer aktuellen Münchner Studie zeigen, dass Migräne gerade beim Übergang vom Jugend- ins Erwachsenenalter mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung weiterer Schmerzen im Erwachsenenalter einhergeht.


Raimund Schmid