Welche Folgen hat es, wenn pädiatrische Patienten mit Migrationshintergrund und das medizinische Personal sich nicht richtig verständigen können? Das hat eine Leipziger Arbeitsgruppe untersucht.
Eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine angemessene medizinische Versorgung ist die sprachliche Verständigung zwischen medizinischem Personal und Patienten. Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen sowie Patientenzufriedenheit hängen wesentlich von den durch die Migranten erfahrenen Sprachbarrieren ab.
Mögliche Folgen der Verständigungsprobleme sind dann häufiger Arztwechsel seitens der Patienten, eine durch die Ärzte veranlasste Überdiagnostik oder eine vorschnelle stationäre Aufnahme, der alternative Behandlungsmöglichkeiten (z. B. ambulante Wiedervorstellung) nur eingeschränkt vermittelt werden können. Mögliche Sprachbarrieren stellen in der Kommunikation zwischen medizinischem Personal und Patienten mit Migrationshintergrund daher ein grundsätzliches Problem dar. Eine Arbeitsgruppe aus Leipzig untersuchte in Abhängigkeit des Migrationshintergrundes der Patienten während der stationären Versorgung die Verständigungsqualitäten zwischen den Eltern der pädiatrischen Patienten und dem Klinikpersonal sowie die Art und Häufigkeit der Sprachmittlungseinsätze. Es wurde eine fragebogengestützte Erhebung mit Daten von Eltern, behandelnden Ärzten und Pflegekräften in Bezug auf 220 pädiatrische Patienten analysiert. Der Erhebungszeitraum war Februar bis Mai 2013.
18,2 % der Patienten wiesen einen Migrationshintergrund auf. Während sich keine Unterschiede in den Einschätzungen der Qualität der verbalen Verständigung durch die Eltern mit bzw. ohne Migrationshintergrund zeigten, schätzte das Klinikpersonal die Verständigung mit den Eltern der Patienten mit Migrationshintergrund insgesamt schlechter ein. 19,2 % (Angabe durch Pflegepersonal) bzw. 15,3 % (Angabe durch Ärzte) der Behandlungsfälle seien mit unzureichenden Sprachkenntnissen der Eltern durchgeführt worden und benötigten daher eine Sprachermittlung.
Die Autoren schließen aus ihren Ergebnissen, dass sprachliche Barrieren in der Versorgung pädiatrischer Patienten mit Migrationshintergrund in relevanter Weise zu berücksichtigen sind. Künftige Projekte sollten das Thema der kulturellen Vielfalt im Gesundheitssystem daher weiter in den Fokus rücken und die Auswirkungen professioneller Sprachmittlungseinsätze gezielt erforschen.
Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2017; 88 (2) Seite 80