Das Autorenteam möchte alle ermutigen, die vielleicht ersten Schritte im eigenen Unternehmen zu wagen, umweltgerechter zu handeln - und zeigt auf, welche Schritte hierzu sinnvoll sein könnten
Eigentlich ist der Klimawandel in aller Munde. Heute kann kaum eine (medizinische) (Fach-)Zeitschrift aufgeschlagen werden, ohne dass die Klimaneutralität des Gesundheitswesens bzw. die Anpassung der Patientenversorgung an den Klimawandel thematisiert werden. Doch ohne den Einbezug von Entscheidungsträgern geht es nicht.
Vielleicht gibt es sogar schon Bestrebungen am eigenen Arbeitsplatz oder im SPZ, das eigene Handeln umweltgerechter zu gestalten (siehe Teil 2 der Serie "SPZ goes Klimaschutz", Kipra Nr. 4/2023). Trotzdem ist jedem bewusst, dass erste eigene Schritte nicht ausreichen, um das eigene Krankenhaus oder Unternehmen klimaneutral aufzustellen, Entscheidungsträger müssen mit ins Boot geholt werden, wenn sie es nicht schon sind.
Aus Gutachten (z. B. KGNW, Zielbild "Klimaneutrales Krankenhaus", KGNW e. V.) wird deutlich, dass zwar in jedem Bereich Veränderungen möglich sind, aber Klimaneutralität nur mit erheblichen Investitionen möglich ist, die durch die Träger, Aufsichtsräte und Geschäftsführung der Einrichtungen legitimiert und verantwortet werden müssen. Im o. g. Gutachten wird nur für NRW berechnet, wie hoch die Investitionen der Krankenhäuser sein müssten, um das Ziel zu erreichen. Ca. 60 % der veranschlagten 7,1 Milliarden Euro für nicht universitäre Häuser sind für dringend anstehende Gebäudehüllensanierungen notwendig, ein Investitionsstau, der zunächst aufgelöst werden müsste, weitere 30 % für Klimaschutz- und Hitzeschutzinvestitionen am Gebäude.
Die letzten 10 % werden veranschlagt für Maßnahmen wie Aufbau einer Photovoltaik-Anlage, Umstellung auf LED-Beleuchtung, Einbau von Wärmepumpen, Lüftungsanlagen sowie Förderung von alternativen Mobilitätsformen ("ohne Auto zum Krankenhaus"). Auch der Wechsel von Narkosegasen (Desfluran zu Sevofluran) spielt hierbei eine Rolle.
In dem ersten Gutachten werden nur Maßnahmen betrachtet, die direkt durch Krankenhäuser beeinflussbar sind; Lieferketten oder vorgelagerte Aktivitäten wie Energieerzeugung vor Ort und nachgelagerte Aktivitäten, wie z. B. Recycling der getrennten Abfälle, sind hierbei noch nicht einbezogen.
Stabsstelle Klima auf höchster Ebene ansiedeln
Dennoch bietet die KGNW an, sich dem Zielbild anzuschließen. Im Rahmen eines "Letter of intent" verpflichten sich Krankenhäuser, erste Maßnahmen wie die Benennung einer Klimamanagerin oder eines Klimamanagers umzusetzen, mit dem im Gutachten empfohlenen Ziel, Fördermittel zu erhalten und sinnvoll einzusetzen.
Die geforderten Klimamanager sind als Stabsstelle direkt unter der Geschäftsführung anzusiedeln. Nordrhein-Westfalen ist hierbei Vorreiter, ähnliche Aktivitäten anderer Krankenhausgesellschaften sind nicht bekannt. Auf kommunaler Ebene gibt es Bestrebungen, Fördermittel zur Anpassung von Gesundheitseinrichtungen bereitzustellen (www.z-u-g.org). Hier ist gerade eine erste Phase der Beantragung möglich.
Im AK Klimaschutz unter dem Dach des ZQAKs der SPZ und der DGSPJ geht es um die Frage, welche Möglichkeiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit und ohne Leitungsverantwortung haben, nicht nur ihr eigenes Team, sondern auch übergeordnete Entscheidungsträger so zu sensibilisieren, dass eine Veränderung möglich wird.
Die Werbung macht es vor
Neben den Vorteilen für den Klimaschutz sollten weitere Vorteile, wie die Erarbeitung gemeinsamer Ziele sowie die Erhöhung der Identifikation mit dem Unternehmen, gesehen werden. Verantwortungsübernahme von Trägern könnte zudem dazu beitragen, gerade jüngere Kolleginnen und Kollegen zu gewinnen.
Dieser Wettbewerbsvorteil ist nicht nur in der Personalakquise zu unterschätzen, sondern auch in der Versorgung von Patientinnen und Patienten. Gerade bei elektiven Behandlungen könnte das Speisenangebot und die Haltung gegenüber Nachhaltigkeitsaspekten Entscheidungen beeinflussen. Die Werbung macht es uns vor: Es gibt heute kaum ein Produkt mehr, welches nicht mit Nachhaltigkeit, "naturbelassen" oder "klimaneutral" wirbt.
Welche Schritte könnten hierzu sinnvoll zu sein?
Schritt 1
Vielleicht hat Ihr SPZ Glück, und der Träger ist auf dem Weg, es gibt bereits Aktivitäten, denen man sich anschließen kann oder sogar eine Stelle für das Klimamanagement. Über 300 Träger haben bereits eine solche Stelle eingerichtet. Informationen dazu findet man in der Regel über die eigene Homepage oder die Homepage Klik green (Verzeichnis aller Krankenhäuser mit ausgebildeten Klimamanagerinnen/Klimamanagern).
Dann brauchen Sie nur noch Kontakt aufzunehmen, Ihre Bereitschaft signalisieren, aktiv am Klimaschutz mitzuarbeiten und Ihre Leitung und das Umfeld motivieren mitzumachen.
Infos hierzu gibt es auf der eigenen Homepage oder der Homepage Klik green (Verzeichnis aller Krankenhäuser mit ausgebildetem Klimamanager).
Falls ja: (Glück gehabt ) Dann Kontakt herstellen und Mitarbeit des SPZ anbieten (Leitung informieren)
Schritt 2
Leider gibt es noch keine (sichtbaren) Aktivitäten. Sie können aber sicher sein, dass Sie Mitstreierinnen und Mitstreiter bei Ihrem Träger finden. Sinnvoll ist es dazu, Kontakt zu übergeordneten Stellen – wie Betriebsrat oder Qualitätsmanagement, ggf. auch der technischen Abteilung – aufzunehmen, mit der Frage, ob bereits Aktivitäten geplant sind. Weitere wichtige Player sind Service-Gesellschaften (Speisenversorgung, Facility-Management). Manchmal ist es erstaunlich, welche Aktivitäten bezüglich des Umweltschutzes schon bestehen (z. B. fleischarme Menüs, Mehrweg-Geschirr, Reinigungsmittel, Wassereinsatz bei der Wäsche).
Es besteht auch die Möglichkeit, Kontakt zu lokalen Klimamanagerinnen oder Klimamanagern der Stadt oder des Kreises aufzunehmen oder weitere Informationen und Ideen durch die Mitgliedschaft in Netzwerken wie z. B. KLUG oder Untergruppen der Friday4Future-Bewegung zu erhalten. Insbesondere der Kontakt zu Netzwerken verringert das Gefühl, allein zu sein und gegen Windmühlen zu kämpfen.
- Kontakt zu übergeordneten Stellen, wie Betriebsrat oder Qualitätsmanagement, ggf. auch technische Abteilung, mit der Frage, ob bereits Aktivität geplant sind
- Kontakt zu den Service-Gesellschaften (Speisenversorgung, Facility-Management) bezüglich Umweltschutz-Aktivitäten
- Kontakt zu lokalen Klimamanagern der Stadt oder des Kreises
- Mitgliedschaft in Netzwerken, z. B. KLUG oder Untergruppen der Friday4Future-Bewegung
Schritt 3
Häufig gibt es in Unternehmen im Rahmen des Qualitätsmanagements die Möglichkeit des betrieblichen Vorschlagwesens, sowohl bezüglich konkreter Hinweise, z. B. Energiespartipps, Einsparen von Ressourcen, als auch bezüglich Bündelung verschiedener Aktivitäten.
Schritt 4
Um den Einstieg in das Thema gegenüber Vorgesetzten oder übergeordneten Gremien, z. B. Betriebsrat, Pflegedienstleitung, dem betrieblichen Vorschlagswesen, der QM-Abteilung oder sogar der Betriebsleitung zu erleichtern, hat die AG Klima im ZQAK der SPZ eine neutrale Powerpoint-Präsentation ("Klimaschutz im Gesundheitswesen") mit Fakten und übergeordneten Aktivitäten erstellt, die in der SPZ-List unter meineDGSPJ oder über die Autorinnen/Autoren bezogen werden kann.
- Betriebsrat, Pflegedienstleitung
- Betriebliches Vorschlagswesen, QM-Abteilung
- Ggf. Betriebsleitung
- Vorschlag: Klimaschutz als Pflichtschulung
Abschließend sollen alle ermutigt werden, den vielleicht ersten Schritt in ihrem Unternehmen zu wagen. Sie werden erstaunt sein, wie viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus allen Abteilungen Sie finden werden. Auch wenn wir Einzelne sind und die Klimakrise nur bedingt oder vielleicht auch gar nicht stoppen können, lohnt sich der Einsatz gemäß dem Satz von Albert Schweitzer:
"Alles, was du tun kannst, wird in Anschauung dessen, was getan werden sollte, immer nur ein Tropfen, statt eines Stromes sein; aber es gibt deinem Leben den einzigen Sinn, den es haben kann und macht es wertvoll."
Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2023; 94 (5) Seite 356-358