Die STIKO hat nach längerer Zeit mal wieder entscheidende Empfehlungen für die Pädiatrie getroffen. Der nächste Herbst kann also kommen. Was bis dahin noch zu klären ist und darüber hinaus wünschenswert wäre, schildert Kinderarzt Dr. Landzettel.

Der nächste Herbst kann kommen. Die STIKO hat nach längerer Zeit mal wieder entscheidende Empfehlungen für die Pädiatrie getroffen. Nach der Empfehlung für die Men-B-Impfung im Januar 2024 kam im Juni noch die Empfehlung für die RSV-Prophylaxe hinzu. Die Hoffnung ist groß, mit der RSV-Prophylaxe viele schwere Verläufe zu vermeiden und die Häufigkeit der Krankenhauseinweisungen zu verringern. Allerdings gibt es mit Stand Mitte August noch keine vereinbarten Impfleistungen für eine planungssichere Organisation der Durchführung in den Praxen. Die Impfstoffe können somit noch nicht als Sprechstundenbedarf bestellt werden. Daher muss noch der mühsame Weg über die Verordnung per Privatrezept und Privatrechnung gegangen werden. Immerhin bleibt den Krankenkassen nun nichts anderes übrig, als ihre zum Teil skurril anmutenden Marketing-Entscheidungen zur Erstattung der Privatrechnungen über Bord zu werfen. Niemand kann fachlich begründen, warum die Chance auf Erstattung bei den unterschiedlichen Krankenkassen zwischen 0 und 100 % lag. Es gab Online-Übersichten, die mit tagesaktueller Gültigkeit den Eltern den Grad der Erstattung bei ihrer Krankenkasse anzeigte.

Es bleibt zu hoffen, dass bei der sich anbahnenden Erweiterung der generellen Impfempfehlung für Men-ACWY [1] dann eine schnellere und einheitlichere Regelung der Erstattung entwickelt wird. Immerhin müsste hierbei nur vom Men-C- auf den Men-ACWY-Impfstoff gewechselt werden.

Das gleiche Dilemma mit den unterschiedlichen Entscheidungen betrifft zurzeit auch die Verordnung von Hyposensibilisierungslösungen. Seit der TAV [2] ist die Verfügbarkeit für eine kindgerechte Behandlung praktisch gegen Null gegangen. Auch hier wird eine vorherige Zusage zur Kostenübernahme von der Krankenkasse benötigt. Die Chance auf eine Zusage steigt, wenn der betreffende Sachbearbeiter Verständnis für die pädiatrische Sicht hat. Vielleicht auch deshalb, weil er selbst auch Allergiker ist und einen besseren Einblick in die Materie hat. Bei Unkenntnis der Sachlage wird der Antrag aber meist an den MDK weitergegeben. Dieser entscheidet dann rein formal-juristisch, und es folgt in aller Regel die Ablehnung. Auch hier wäre zu hinterfragen, warum ein SLIT-Präparat ab 12 Jahre zugelassen ist, bei einem 11- jährigen Patienten aber nicht auf Kassenkosten verordnet werden darf. Vor allem, da es für andere Allergene bereits Präparate mit einer Zulassung ab 6 Jahren gibt.

Ein Punkt auf dem Wunschzettel pädiatrischer Praxen ist auch eine bessere Übersichtlichkeit der vielen Selektivverträge mit verschiedenen Inhalten [3]. In Zeiten knapper personeller Ressourcen ist es schwierig und fast unmöglich, das individuelle Angebot eines jeden Patienten im Auge zu behalten. Die ihm zustehenden Angebote werden dann oft gar nicht berücksichtigt.

Zurück zur RSV-Prophylaxe: Es bleibt zu hoffen, dass bis zum Beginn der diesjährigen RSV-Saison alles so vorbereitet sein wird, dass wir diese sinnvolle Prophylaxe ohne großen bürokratischen Aufwand durchführen können. Dann kann der nächste Herbst wirklich kommen ….

Dr. med. Markus Landzettel, Darmstadt


Literatur
1. STIKO-Empfehlung Meningokokkenimpfung: www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Meningokokken/faq_ges.html#FAQId2407314
2. Therapieallergene-Verordnung von 2008: www.pei.de/DE/arzneimittel/allergene/therapie-verkehrsfaehig/verkehrsfaehig-node.html
3. Selektivverträge: www.bvkj-service-gmbh.de/selektivvertraege

Autor:
© privat
Dr. med. Markus Landzettel
Dr. med. Markus Landzettel ist seit 1998 in einer pädiatrischen Gemeinschaftspraxis in Darmstadt nieder­gelassen, ist Obmann des kinder- und jugendärztlichen Notdienstes und hat einen Lehrauftrag an der Pädago­gischen Akademie in Darmstadt. Er hat 3 Kinder.


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2024; 95 (5) Seite 318