Auch wenn Appendektomie und Tonsillektomie zur absoluten kinderchirurgischen Routine gehören, ist das postoperative Schmerzmanagement noch nicht optimal. Am Tag nach einer Blinddarm- oder Mandel-Operation klagen noch zu viele Kinder über Schmerzen.
In einer Studie haben Anästhesiologen am Inselspital, Universitätsspital Bern, in Zusammenarbeit mit zwölf weiteren Zentren aus vier europäischen Ländern Untersuchungen zur Schmerzbehandlung während und nach einer Operation bei Kindern durchgeführt. Die vorliegende Studie basiert auf dem internationalen Schmerzregister "PAIN OUT infant", das 2015 eingerichtet wurde, um die Qualität des postoperativen Schmerzmanagements bei Kindern zu verbessern.
Die Auswertung der Daten (insgesamt 898 Fälle – 472 Appendektomien und 426 Tonsillektomien) ergab bei fast jedem vierten Kind Optimierungsbedarf. Ein Viertel (24,8 %) aller Kinder wünschte sich in den ersten 24 Stunden nach einer Blinddarm-Operation eine bessere Schmerzbehandlung, nach einer Mandeloperation war dies ein Fünftel (20,2 %).
Die Datenanalyse zeigte, dass dieser Wunsch in erster Linie auf schmerzbedingte Schlafstörungen und Bewegungseinschränkungen zurückzuführen war. Vor allem nach Tonsillektomie waren Kinder mit nur einem Nicht-Opioid-Analgetikum mit der Schmerzbehandlung deutlich unzufriedener. Der Fragebogen wurde In 42 % vom Patienten selbstständig ausgefüllt, in 46 % hatte jemand dabei geholfen. In knapp 12 % stammten die Angaben ausschließlich von den Eltern.
Das Forschungsteam um Prof. Dr. med. Ulrike Stamer hat nun Vorschläge unterbreitet, wie eine postoperative Schmerztherapie optimiert und der Einsatz opioidhaltiger Schmerzmittel nach der Operation vermindert werden kann. Der Wunsch nach mehr Schmerzmitteln war umso geringer, je mehr Einzelsubstanzen verschiedener Klassen die Kinder bereits vor der Aufwachphase erhalten hatten.
Über diesen „relativ einfach modifizierbaren Faktor“ bietet sich daher laut Stamer eine Möglichkeit, die perioperative Situation für die Kinder zu verbessern. Opiode sollten bei Kindern insbesondere bei Tonsillektomien zurückhaltend eingesetzt werden, da sie das ohnehin erhöhte Schlafapnoe-Risiko weiter steigern und im Extremfall sogar zu einer Atemdepression führen könnten.
Durch die präventive Verabreichung von mindestens zwei Substanzklassen an Nicht-Opioiden könnte man postoperative Schmerzen verhindern und damit Opioide mit ihren absehbaren Nebenwirkungen einsparen. Die Forscher weisen außerdem auf die Möglichkeit der Regionalanalgesie hin. Diese wurde den Studiendaten zufolge zu selten genutzt.
Originalpublikation:
Ulrike M. Stamer et al.: ‘Desire for more analgesic treatment’: pain and patient-reported outcome after paediatric tonsillectomy and appendectomy. doi: 10.1016/j.bja.2020.12.047
Katharina Maidhof-Schmid / Raimund Schmid