Vor Kurzem hat sich die "Deutsche Akdemie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ)" neu formiert und umbenannt in "Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit (Bündnis KJG)". Wie kam es dazu und was bedeutet das konkret?

Für viele (Sozial-)Pädiater ist der Weg, der mit der Umbenennung der "Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e. V. (DAKJ)" zum jetzt neu formierten "Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e. V. (Bündnis KJG)" noch nicht gänzlich nachvollziehbar. Im Folgenden stellen wir kurz und kompakt die wichtigsten Beweggründe für diesen Wandel dar und stellen die wichtigsten Ziele und inhaltlichen Handlungsfelder des neuen Bündnisses im Überblick vor.

Die aktuellen Überlegungen, die zur Neuorientierung des neuen Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e. V. (Bündnis KJG) geführt haben, sind das Ergebnis vielfältiger Diskussionen der letzten Jahre. Letztendlich beinhalten sie wiederum die Argumente, die damals schon Anlass für die Gründung der DAKJ zum Dachverband der pädiatrischen Gesellschaften Deutschlands im Jahr 1988 waren: Wesentlicher Anlass für die Gründung der DAKJ war damals wie heute eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den 3 großen pädiatrischen Gesellschaften, dem Berufsverband der Kinderärzte Deutschlands (heute BVKJ), der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde (heute DGKJ) und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (heute DGSPJ). Es bestand der "Wunsch, künftig stärker mit einer (gemeinsamen) Stimme zu sprechen, vor allem auch die Weiterbildung aller Pädiater besser zu koordinieren". Diese 3 Gesellschaften wurden daher fortan gern als "Gründungsgesellschaften" bezeichnet.

Eine weitere Notwendigkeit für die Gründung der "Akademie für Kinderheilkunde und Jugendmedizin" wurde darin gesehen, dass die Förderung und Vertretung der Interessen der Kinder- und Jugendmedizin gegenüber der Öffentlichkeit, ärztlichen und nichtärztlichen Organisationen und Institutionen über einen Dachverband mit mehr Nachdruck besser vertreten werden können. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie gesellte sich dementsprechend ab 1990 als kooptiertes Mitglied hinzu. Somit gab es erstmals überhaupt ein gemeinsames "Akademiedach" innerhalb der Pädiatrie und eng angrenzender Fachgebiete, das sich für die gesundheitlichen Belange von Kindern und Jugendlichen einsetzte und das in Teilen auch gut funktionierte.

Ziel: Politische Außenvertretung …

Trotz einer übergreifenden Zielsetzung gestaltete sich die praktische Kooperation jedoch zum Teil recht schwierig. 1992 war man sich einig, "dass mit der gegenwärtigen Struktur der Akademie höchstens einzelne Schwerpunkte gesetzt werden können und die Akademie nur einzelne Fragen aufgreifen kann." 1996 stellte der Vorstand dann erfreut fest, dass "eine Bewusstseinsänderung stattgefunden hat" und sich die Meinung durchgesetzt habe, dass die DAKJ eine zentralere Rolle spielen müsse, um die Einheit der Kinderheilkunde zu stärken. Dabei dürfe die Vielfalt der Pädiatrie jedoch nicht vernachlässigt werden.

In der Mitgliederversammlung 1997 wurde der Wille zu einer höheren Professionalisierung der Akademie damit untermauert, die Aufgaben der DAKJ künftig auszuweiten, auch um "die Aufgaben zwischen DGKJ und Akademie besser abzustimmen und damit insbesondere die Akademie in ihrer politischen Außenvertretung der Kinderheilkunde und Jugendmedizin zu stärken." Hierfür wurde eine Geschäftsstelle eingerichtet und durch die Mitgliedsbeiträge der Gründungsgesellschaften finanziert.

… ohne Partnerschaft auf Augenhöhe

Trotzdem zeichnete sich in den folgenden Jahren immer deutlicher ab, dass der inhaltliche Zuschnitt und auch die unterschiedlichen Mitbestimmungsrechte der Mitglieder den Anforderungen der Gegenwart nicht mehr gerecht wurden. Trotz vielfältiger Bemühungen und auch dem großen persönlichen Engagement zahlreicher Akteure wurden die Stimmen, die sich für eine Modernisierung aussprachen, immer lauter. Diese forderten insbesondere mehr Unmittelbarkeit statt Mittelbarkeit in der Repräsentanz der Mitglieder in dieser Dachorganisation. Dahinter stehen der Wunsch und die Vorstellung einer Mitwirkung aller Beteiligten als gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe, auch außerhalb der ärztlichen Verbände unter Einschluss der Kinderkrankenpflege sowie der Elternverbände. In der Konsequenz wurde eine stärkere Orientierung an den Interessen der Zielgruppen über ein Forum zur gemeinsamen Themengenerierung mit klarerer Zuordnung und Einbindung der jeweiligen Expertisen gefordert.

Das Bündnis ist laut Satzung der Förderung der Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien verpflichtet. Dabei wird auch die Steigerung der Weiterbildungsqualität in der konservativen und operativen Kinder- und Jugendmedizin, der Kinderkrankenpflege und der Erarbeitung von übergreifenden Stellungnahmen bei aktuellen Fragen zur Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen angestrebt.

Bündnis KJG: Gemeinsam Stimme erheben

Das Bündnis vereint damit unterschiedliche Kompetenzen und Standpunkte und steht auf einer sehr breiten Basis: Die Verlautbarungen des Bündnisses sind daher als "gemeinsame Stimme" aller Mitglieder nach außen gerichtet. Hierfür koordiniert das Bündnis die gemeinsamen Ziele und Aufgaben seiner Mitglieder zum Wohle und zur bestmöglichen gesundheitlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Ausgehend von der UN-Kinderrechtskonvention sollen dabei Ziele verfolgt werden, denen durch ein gemeinsames Vorgehen mehr Nachdruck verliehen werden kann und die nicht in Konkurrenz zu bestehenden Expertisen der Fachgesellschaften treten. Das Bündnis setzt sich daher u. a. ein:

  • für den Vorrang des Kindeswohls bei allen das Kind betreffenden Entscheidungen

  • für das Recht auf freie Entwicklung, Entfaltung, Förderung und Bildung

  • für das Recht auf Beteiligung sowie die Verpflichtung des Staates, Chancengerechtigkeit und kindgerechte Lebensbedingungen zu gewährleisten.

Bei diesen Themen kann gerade die sozialpädiatrische Expertise zusammen mit den anderen Fachgesellschaften einen wichtigen Beitrag leisten.

Ein weiteres Augenmerk richtet sich aktuell auf die Entwicklung und den Aufbau neuer Strukturen sowie der Etablierung von Entscheidungsprozessen innerhalb des Bündnisses. Hierfür ist das DAKJ-Team der Geschäftsstelle nahtlos in das Bündnis übergegangen und stellt sich äußerst engagiert und kooperativ den Herausforderungen der Reorganisation.

Auf dem richtigen Weg

Den ersten Vorsitz des Bündnisses für 2022 hat der DGKJ-Präsident, Prof. Dr. Jörg Dötsch, übernommen, Dr. Andreas Oberle, Vizepräsident der DGSPJ, ist Stellvertreter und Dr. Thomas Fischbach als BVKJ-Präsident ist Schatzmeister im Vorstand des Bündnisses. Nach einem Jahr wechseln Schatzmeister und Vorsitzender die Position.

Die Arbeit des Bündnisses hat inzwischen kräftig an Fahrt aufgenommen, was sich gut an der Aufzählung der Arbeitsgruppen (siehe Kasten) ablesen lässt, die sich neben den weiter fortbestehenden Kommissionen etabliert haben. Und die aktiv Beteiligten haben den Eindruck: Wir sind auf dem richtigen Weg …

Mehr Details über die Historie der DAKJ sowie über die Satzung und die Geschäftsordnung der Arbeitsgruppen finden interessierte Kipra-Leser unter www.buendnis-kjg.de
Arbeitsgruppen des Bündnisses Kinder- und Jugendgesundheit (Stand 8/2022)

AG Geschäftsordnung
Teilnehmer: PD Dr. A. Artlich (VLKKD), Dr. A. Oberle (Sprecher, DGSPJ), B. Pätzmann-Sietas (BeKD), Dr. S. Renz (BVKJ), PD Dr. B. Rodeck (DGKJ), J. Scheel (GKinD), M. Schlögl (AKIK), Prof. Dr. B. Tillig (DGKCH)
Geschäftsordnung für die AGs ist erarbeitet (siehe unten), für die Kommissionen anstehend.

AG Personaluntergrenzen und Patientenversorgung
Teilnehmer: PD Dr. A. Artlich (Sprecher, VLKKD), Prof. Dr. R. Blank (DGSPJ), B. Pätzmann-Sietas (BeKD), Dr. S. Renz (BVKJ), PD Dr. B. Rodeck (DGKJ), J. Scheel (GKinD), M. Schlögl (AKIK), Prof. Dr. B. Tillig (DGKCH),

AG Kinderkrankenpflegeausbildung
Teilnehmer: Prof. Dr. W. Kölfen (VLKKD), A. Kraeft (DGSPJ), A. Müller-Helm (GKinD), B. Pätzmann-Sietas (stellv. Sprecherin, BeKD), K. Paulmann (DGSPJ), Dr. S. Renz (BVKJ), J. Scheel (Sprecher, GKinD), M. Schlögl (AKIK)

AG Ukraine
Teilnehmer: Dr. G. Berg (BKJPP), B. Beyer-Lichtblau (BeKD), Prof. Dr. T. Erler (VLKKD), G. Hoenig (DGSPJ), K. Jackel-Neusser (knw), Prof. Dr. Kölch (DGKJP), Dr. B. Langenbruch (DGSPJ /ÖGD), PD Dr. T. Langer (DGSPJ), A. Müller-Helm (GKinD), PD Dr. B. Rodeck (DGKJ), Dr. G. Trost-Brinkhues (Sprecherin, BVKJ)

AG Sektorenübergreifende Versorgung
Teilnehmer: Dr. U. Horacek (DGSPJ), Prof.Dr. O. Kordonouri (VLKKD), B. Pätzmann-Sietas (BeKD), Dr. S. Renz (stellv. Sprecher BVKJ), PD Dr. B. Rodeck (Sprecher DGKJ), J. Scheel (GKinD), M. Schlögl (AKIK), Prof. Dr. B. Tillig (DGKCH)

AG Bündnis-Kommunikation
(unter Einbeziehung der Geschäftsstellen der Mitgliedsgesellschaften des Bündnisses)
Teilnehmer: Dr. A. Brauer (BKJPP), Dr. P. Degenhardt und D. Lorenzen (DGKCH), S. Hilbig und J. Maneke (Bündnis), K. Jackel-Neusser (knw), Dr. G. Noleppa und Dr. G. Olbrisch (DGKJ), K. Paul (DGSPJ, Bündnis), B. Pätzmann-Sietas (BeKD), M. Richter (GKinD), Ch. Schleheck (BVKJ), M. Schlögl (AKIK)



Korrespondenzadresse
Dr. Andreas Oberle, Vizepräsident der DGSPJ

Klinikum der Landeshauptstadt Stuttgart gKAöR
Olgahospital – Frauenklinik
Pädiatrie 1 – SPZ
Kriegsbergstraße 62
70174 Stuttgart
Tel.: 07 11/27 87 27 60
Fax: 07 11/27 87 24 29

Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2022; 93 (6) Seite 476-477