Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Mehr Sicherheit für Kinder e. V. (www.kindersicherheit.de) fördert seit Jahren die unfallpräventive Aufklärung der Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte. Neben den zum Download zur Verfügung stehenden Elterninformationen werden den Praxen spezifische Sicherheitstipps zur Verfügung gestellt. Diese Informationen sind jetzt als App verfügbar.

Attraktive App zur Unfallprävention

Um Eltern und Betreuungspersonen gezielt zu sensibilisieren und Informationen zur Unfallverhütung niedrigschwellig auf moderne und ansprechende Art und Weise zugänglich zu machen, hat die BAG Mehr Sicherheit für Kinder e. V. die App "Kindersicher! – Kinderunfälle vermeiden" veröffentlicht. Sie konnte dank der Förderung durch das Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV) entwickelt werden. Die App führt Eltern durch die Entwicklungsphasen des Kindes und thematisiert altersspezifisch sowohl die Vermeidung von Unfällen als auch die Kindersicherheit (Abb. 1).

Abb. 1: Die neue App der BAG Mehr Sicherheit für Kinder e. V.

Den Produktratgeber sowie die weiteren Inhalte der App finden Interessierte ebenfalls auf der kürzlich neu aufgesetzten Website der BAG Mehr Sicherheit für Kinder e. V.: www.kindersicherheit.de/

App als kindersicherer Produktratgeber

Herzstück der App ist der umfangreiche Produktratgeber, der mit Fotos situativ die Nutzung des einzelnen Produktes darstellt. Über die Hälfte der Kinderunfälle finden laut Robert Koch-Institut unter Beteiligung von Produkten statt [1]. Um zur Reduzierung dieser Unfälle beizutragen, klärt die BAG in verbraucherfreundlichen und leicht verständlichen Produktportraits über die 50 gängigsten für Kinder verwendete Produkte auf. Dazu gehört auch, dass vom Kauf oder Einsatz von verletzungsträchtigen Produkten, wie Gehfrei (Babywalker), aufgrund der bekannten Datenlage abgeraten wird [2]. Darüber hinaus werden Sicherheitsartikel vorgestellt, die beispielsweise Gefahrenstellen in der Wohnumgebung für kleine Kinder unzugänglich machen, wie eine Herdschutzsicherung, oder im Straßenverkehr zum Schutz der Kinder beitragen (Fahrradhelm).

Diese Portraits (Abb. 2) gehen auch auf EU-Standards, gängige Prüfsiegel sowie DIN-Normen ein, an denen Eltern sich orientieren können (z. B. bei Absperrgittern, Babybadewannen, Reisebetten). Neben Sicherheitsinformationen erhalten Nutzerinnen und Nutzer so wichtige Hinweise für ihre Kaufentscheidung und die Nutzung der Produkte. Hierzu gehören auch Alterseinschränkungen aufgrund diverser Risiken, beispielsweise, dass Hochbetten nicht für Kinder unter 6 Jahren geeignet sind (Abb. 3).

Abb. 2: Umfangreicher Produktratgeber in der App (Quelle: BAG Mehr Sicherheit für Kinder e. V.).

Abb. 3: Alterseinschränkung zu Etagen-/ Hochbetten – Nicht geeignet für Kinder unter 6 Jahren.

Darüber hinaus wird für Arztpraxen zum Auslegen im Wartezimmer der kurze Infoflyer für Eltern zur Produktsicherheit empfohlen. Dieser gibt Tipps, worauf beim Kauf und bei der Nutzung von Spielzeug und Kinderprodukten zu achten ist (Abb. 4).

Aktuelles zu Hochbetten (DIN-Verbraucherrat)
Derzeit werden die Normen DIN EN 747-1 und 2 "Etagen- und Hochbetten" neu veröffentlicht. Bei der Überarbeitung wurden die Ergebnisse der vom DIN-Verbraucherrat durchgeführten Studie "Durch Unfälle hervorgerufene Kopfverletzungen bei Kindern im häuslichen Bereich und daran beteiligte Produkte" berücksichtigt wie z. B., dass das grafische Symbol "Nur für Kinder ab 6 Jahre" zukünftig mindestens 25 x 25 mm groß sein muss (aktuell laut Norm 15 x 15 mm). Ebenfalls auf die Verbraucherseite zurückzuführen ist, dass die zukünftige Norm einen Abschnitt über Kaufinformationen enthält, die am Verkaufsort zur Verfügung stehen müssen. Um ein Umkippen zu vermeiden, müssen Etagen- und Hochbetten zukünftig an der Wand befestigt werden und mit folgendem Warnhinweis gekennzeichnet sein: WARNHINWEIS: "Dieses Produkt muss an einer Wand oder Gebäudekonstruktion befestigt werden" (Abb. 3).
Abb. 4: Eltern Infoflyer zur Produktsicherheit.

Unfallrisiken und ihre Vermeidung

Ein weiterer Schwerpunkt der App bezieht sich auf die häufigsten Unfallrisiken von Kindern verbunden mit Sicherheitshinweisen zu ihrer Vermeidung sowie zur Ersten Hilfe im Notfall. Besonders ansprechend ist die Möglichkeit, Informationen zu individualisieren: Nutzerinnen und Nutzer können die App so einstellen, dass sie passende Informationen entsprechend des Alters bzw. der Entwicklung ihrer Kinder erhalten.

Während die Eltern eines Säuglings beispielsweise Hinweise zu sicherem Spielzeug und Autokindersitzen, der Vermeidung von Stürzen, Verbrennungen und Verbrühungen erhalten, bekommen Eltern älterer Kinder Tipps zur Vermeidung von Unfällen beim Spiel im Freien und zur Unfallprävention im Zusammenleben mit Haustieren oder im Straßenverkehr.

Die jahreszeitaktuellen Informationen der App zu Gefahren, verknüpft mit entsprechenden Tipps zu Sicherheitsprodukten, bieten den weiteren großen Vorteil für Eltern, passgenaue Informationen zu erhalten. Beispielsweise wird ein Hinweis auf die Gefahr durch Ertrinken zum Start der Freibadsaison im Sommer ergänzt um die Information, welche Schwimmhilfen sicher sind und empfohlen werden.

Informationsmaterial zur Bekanntmachung der App

Zwei aufmerksamkeitsstarke Postkarten mit unterschiedlichen Motiven zur Elternansprache weisen auf die neue App hin (Abb. 5 a und b).

Abb. 5 a und b.: Kurzinfo für Eltern im Postkartenformat, zwei Beispiele.

Die App ist in allen gängigen App- Stores verfügbar.

Fazit – Empfehlungen für die Praxis

Durch Wissensvermittlung und Sensibilisierung von Eltern und Betreuungspersonen können Unfälle mit Produkten bei Kindern reduziert werden. Die App der BAG Mehr Sicherheit für Kinder e. V. greift die neuen digitalen Möglichkeiten auf und erweitert die Kompetenz der Eltern in puncto Kindersicherheit.

Darüber hinaus werden den Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten kostenfrei die Informationsmaterialien zur App zur Verfügung gestellt, sodass die vielfältigen Möglichkeiten in der Praxis genutzt werden können, um Eltern über die neuen Medien in der Unfallprävention zu informieren.

Babynester sind ein erhöhtes Risiko für einen sicheren Babyschlaf.
DIN-Normen als Orientierungshilfe
In Deutschland sind DIN-Normen eine wichtige Orientierungshilfe für Verbraucherinnen und Verbraucher, denn sie tragen dazu bei, Produkte sicherer zu machen und klären wichtige Fragen, wie die Gesundheits- oder Umweltverträglichkeit, die Gebrauchstauglichkeit und auch die Zuverlässigkeit von Produkten. Der DIN-Verbraucherrat vertritt seit 50 Jahren die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher in der nationalen, europäischen und internationalen Normung. Das Thema "Kindersicherheit" ist seit der Gründung ein zentrales Anliegen.Aktuell wird die Sicherheit von Babynestern stark diskutiert, da diese ein erhöhtes Risiko für den Plötzlichen Kindstod darstellen.
Wesentliches für die Praxis . . .
  • Persönliche unfallpräventive Beratung.
  • Die Eltern nicht mit Informationen überfrachten.
  • Digitale Medien anbieten – Informationen können nutzerspezifisch abgerufen werden.
  • Kurze haptische Medien wecken die Neugier.

Literatur
1. Saß AC, Schmitz R, Gutsche J, Rommel A (2016) Unfälle in Deutschland - Woran verletzten sich Kinder und Jugendliche? Hrsg. Robert Koch–Institut, Berlin. GBE kompakt 7(2) https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsK/2016_2_kinderunfaelle.pdf?__blob=publicationFile am 08.05.2024.
2. Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e. V. (2016) Lauflernhilfen, Babywalker und Gehfrei: Förderung oder Gefahr? https://www.kindersicherheit.de/kinderunfaelle-vermeiden/artikel/lauflernhilfen-babywalker-und-gehfrei-foerderung-oder-gefahr.html, Stand 08.05.2024

Korrespondenzadresse:
Dr. med. Gabriele Ellsäßer
Unfallbeauftragte im bvkj zusammen mit Dr. Johann Böhmann
Grolmanstraße 21, 10623 Berlin
Tel.: 01 60/5 01 73 56

Britta Schöpfer
Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e. V.
Christian-Lassen-Straße 11a, 53117 Bonn
Tel.: 01 60/8 87 74 01


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2024; 95 (6) Seite 465-467