Virtuelle Shooter- und Kriegsspiele können für vorbelastete Kinder, bei denen das Risiko für Arrhythmien erhöht ist, gefährlich (in seltenen Fällen gar lebensgefährlich) sein. Ein internationales Forschungsteam weist nun auf diese Gefahr hin, nachdem eine Serie von Fällen untersucht wurde, in denen beim Gaming kardiale Arrhythmien aufgetreten sind.

Das Team um Dr. Claire Lawley vom Herzzentrum für Kinder in Sydney rät daher, Synkopen beim Gaming gründlich abzuklären beziehungsweise Eltern von Kindern mit einer entsprechenden Prädisposition entsprechend zu beraten. Bereits im Jahr 2019 hatte das Forschungsteam über drei 10- bis 15-Jährige berichtet, die beim Gaming Kammertachykardien entwickelt hatten. Die jetzt veröffentlichte Studie zu 22 Kindern und Jugendlichen mit „mutmaßlich oder nachweislich kardialer Arrhythmie“ während eines Computerspiels beruht auf Fallberichten, die bereits publiziert sind oder dem Forschungsteam nach entsprechenden Aufrufen von Kollegen und Kolleginnen verfügbar gemacht wurden.

Die Patienten waren zwischen sieben und 16 Jahre alt. 19 von ihnen waren männlich (86 %) mit „mutmaßlicher oder nachweislich kardialer Arrhythmie“ während eines Computerspiels. Vier Patienten verstarben an plötzlichen Herztod, sechs (27 %) erlitten einen Herzstillstand und konnten reanimiert werden. Eine arrhythmogene Erkrankung war bei sieben Patienten (31 %) schon vor dem Vorfall bekannt, bei weiteren zwölf (54 %) wurde sie bei den nachfolgenden Untersuchungen entdeckt. Zehn Patienten (45 %) hatten eine „catecholaminergic polymorphic ventricular tachycardia“ (CPVT), vier Patienten (18 %) litten an einem ein Long-QT-Syndrom (LQTS). Zwei Patienten waren vor dem Ereignis am Herz operiert worden, bei weiteren zwei Patienten wurde ein idiopathisches Kammerflimmern diagnostiziert und bei einem Patienten war infolge eines unerkannten Kawasaki-Syndroms ein Vorderwandinfarkt aufgetreten.

Bei 17 Kindern beziehungsweise Jugendlichen wurden auch genetische Tests durchgeführt, in 14 Fällen wurden dabei potenziell relevante Mutationen entdeckt. Für drei Patienten (darunter zwei verstorbene) konnte keine Diagnose gestellt werden. Bei 13 Betroffenen (59 %) war bekannt, um welches Computerspiel es sich handelte, bei acht Patienten (62 %) war es ein Kriegsspiel. Soweit bekannt, waren die Kinder beziehungsweise Jugendlichen bei Eintritt der Arrhythmie emotional sehr angespannt.

Die Autoren konnten mit dieser Studie zeigen, dass durch mentalen Stress beim Gaming potenziell klinisch relevante Arrhythmien ausgelöst werden können. Bei Kindern mit bekannten Herzrhythmusstörungen kann dies gefährlich werden und bei prädisponierten Kindern mit nicht diagnostizierten Herzrhythmusstörungen mitunter sogar tödlich enden. Vor allem beim Long-QT-Syndrom ist der Gefährdungsgrad hoch. Verursacht werden die Synkopen bei zugrunde liegenden Herzrhythmusstörungen mit unterschiedlicher Genese vermutlich durch zu viel Adrenalin, vermuten die Kinderkardiologen.

Quelle:
Claire M. Lawley et al. Life-threatening cardiac arrhythmia and sudden death during electronic gaming: An international case series and systematic review
Published: October 10, 2022 DOI:
https://doi.org/10.1016/j.hrthm.2022.08.003


Katharina Maidhof-Schmid