Um den Zugang von Kindern mit seltenen Krankheiten zu lebenswichtigen Medizinprodukten sicherzustellen, müsse ein EU-weites Überwachungssystem etabliert werden, fordert die Stiftung Kindergesundheit und schlägt Lösungen vor.

Im Einklang mit führenden europäischen Verbänden aus dem Bereich der Kindermedizin wie etwa der European Academy of Paediatrics (EAP) hat sich die Stiftung Kindergesundheit in einem offenen Brief an EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides klar positioniert. Ihre Hauptbotschaft lautet: Um den Zugang von Kindern mit seltenen Krankheiten zu lebenswichtigen Medizinprodukten sicherzustellen, müsse ein EU-weites Überwachungssystem etabliert werden.

„Die aktuelle Situation ist äußerst besorgniserregend“, warnt Professor Berthold Koletzko, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. Es geht um die EU-Medizinprodukteverordnung (MDR), die 2017 in Kraft getreten und nun seit Mai 2021 – mit Übergangsbestimmungen noch bis Ende 2028 – gültig ist.

Mit der Verordnung sollte eigentlich die Sicherheit von Medizinprodukten durch ein verändertes Zulassungsverfahren verbessert werden. Allerdings führt dies zu deutlich höheren Kosten als bislang und zu einem länger dauernden Zulassungsprozess, der bis zu 24 Monate dauern kann. Bei Medizinprodukten für Kinder, die nur in geringen Stückzahlen verkauft werden, seien die daraus entstehenden Regulierungskosten für die Hersteller zu hoch. Die Folge: Lebensrettende Arzneien würden zunehmend vom Markt genommen, obwohl sie für eine Behandlung bei bestimmten – gerade selteneren – Erkrankungen, wie etwa bei Neugeborenen mit angeborenen Herzfehlern, unverzichtbar sind. Auch für jüngere Kinder mit Nierenerkrankungen im Endstadium drohe ein Versorgungsengpass mit altersgerechten Dialysegeräten.

Daher – so die Stiftung Kindergesundheit – müssten zunächst rasch Übergangslösungen geschaffen und auf Dauer ein EU-weites Überwachungssystem etabliert werden, um das Verschwinden oder den Mangel an bestimmten Medizinprodukten zu erkennen und entsprechende Gegenstrategien entwickeln zu können.



Autor
© Hartmut Kreutz
Raimund Schmid


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2023; 94 (5) Seite 306