Für Pädiater eine interessante wie brisante Frage? Beeinflusst der Wochentag, an dem ein Kind zum Arzt geht, die rechtzeitige Diagnose eines neu aufgetretenen Typ-1-Diabetes (T1D) und das Risiko einer diabetischen Ketoazidose (DKA)?

Die Antwort mag viele überraschen. Denn neu auftretende T1D-Erkrankungen und DKA werden bei Kindern tatsächlich häufiger an Wochentagen diagnostiziert als an Wochenenden und Feiertagen. Um das herauszufinden, hat ein Forscherteam Daten aus dem deutschen prospektiven Diabetesregister ausgewertet, in der 30.717 Kinder, die in den vergangenen zehn Jahren neu an Typ-1-Diabetes erkrankt waren, einbezogen wurden. Mit durchaus verblüffenden Ergebnissen: Denn im Vergleich zu Werktagen war die Chance, einen Typ-1-Diabetes festzustellen, in den Schulferien um 17 Prozent, an Feiertagen um 43 Prozent und an Wochenenden sogar um – hochsignifikante - 61 Prozent reduziert. Auch die Wahrscheinlichkeit einer DKA-Diagnose verringerte sich am Wochenende deutlich um 45 Prozent (Feiertagen 27 und während der Schulferien 15 Prozent).

Ein weiteres Versäumnisse hat gravierende Folgen: Denn in 9 Prozent der Fälle ist nicht direkt nach der Diabetesdiagnose mit der Insulinbehandlung begonnen worden. Danach hat jeder fünfte Patient, der am Tag der Diagnose nicht mit der Insulintherapie angefangen hatte, eine DKA entwickelt, erläutert Prof. Clemens Kamrath vom Universitätsklinikum Gießen. Dies belegt, wie wichtig diagnostische Fachkenntnisse zum Typ-1-Diabetes für alle Ärzte sind.

Die Begründung für diese Defizite liegt für das Forscherteam nahe: Da die ambulante Betreuung an Wochenenden und Feiertagen durch den ärztlichen Bereitschaftsdienst erfolgt, der nicht nur von Kinder- und Jugendärzten, sondern von Ärzten unterschiedlicher Fachgebiete besetzt ist, könnte es an pädiatrischem Fachwissen mangeln.
Daraus wiederum ergeben sich für die Forschenden nur diese zwei Schlussfolgerungen: Sicherstellung einer kontinuierlichen - auf Kinder spezialisierten - Versorgung auch zu Randzeiten, etwa im Bereitschaftsdienst, sowie generell eine bessere Aufklärung über die Symptome von Typ-1-Diabetes beim nicht auf Kinder spezialisierten ärztlichen Bereitschaftsdienst.


Raimund Schmid