Ängstlichkeit und Depressivität sind bei Patienten im Bereich der stationären somatischen Versorgung weit verbreitet. Gerade in der Dermatologie treten psychische Störungen bei fast jedem dritten Patienten auf.

Dies betrifft insbesondere Patienten mit Hauterkrankungen wie etwa Psoriasis, atopischer Dermatitis, chronischem Juckreiz, Vitiligo oder auch Akne inversa, die häufig auch bereits im Kindes- und Jugendalter oder jungen Erwachsenenalter vorkommen. Dermatologische Erkrankungen und psychische Störungen stehen so oft in negativer Wechselwirkung und führen zu gesteigerter Morbidität. Obwohl dermatologische Leitlinien eine Früherkennung empfehlen, wird dies in der Praxis oft unzureichend umgesetzt, berichten die Autoren einer Studie in der Fachzeitschrift Der Hautarzt, Ausgabe 3/2021.

An der Klinik für Dermatologie und Venerologie des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf wurde daher ein einfaches Screening im Bereich der stationären dermatologischen Versorgung auf psychische Komorbiditäten etabliert. Anhand eines kurzen Fragebogens, dem sogenannten Patient Health Questionnaire 4 (PHQ-4), werden dem Patienten im Rahmen des Pflegeaufnahmegespräche vier Fragen zur Ängstlichkeit und Depressivität gestellt.

Bei Bedarf gibt es auch eine englische, türkische, arabische, polnische und russische Version. Wird durch den Fragebogen ein bestimmter Punktwert für Ängstlichkeit oder Depression erreicht, spricht dies für eine mindestens mittelschwere Belastung. In diesem Fall wird bei Eingabe in die elektronische Patientenakte durch das Pflegepersonal automatisch ein Feld aktiviert, das nach Unterstützungsbedarf fragt.

Wenn der Patient es wünscht, wird durch eine entsprechende Markierung des Feldes automatisch ohne vorherige Abstimmung mit dem Stationsarzt ein psychosomatisches Konsil angefordert, das dann in der Regel am nächsten Tag erfolgt. Das entsprechende psychosomatische Konsil erscheint sodann ebenso wie das Ergebnis des PHQ 4 in der digitalen Patientenakte des Patienten, sodass es jedem Behandler ersichtlich ist.

Durch die Implementierung des Screenings wurden im Jahr 2019 im Bereich der stationären, dermatologischen Versorgung 83 Prozent aller Patienten mittels PHQ-4-Fragebogen untersucht. Dies entsprach insgesamt 3.060 Patienten. Bei 99 Patienten zeigte sich ein auffälliges Ergebnis, entsprechend 3,2 Prozent aller gescreenten Patienten; 98 dieser Patienten wünschten diesbezüglich professionelle Unterstützung, so dass insgesamt 98 psychosomatische Konsile generiert wurden.

Im Bereich der teilstationären Versorgung wurden 2019 alle 146 Patienten gescreent. Hierbei zeigte sich bei 49 Patienten ein auffälliges Ergebnis im PHQ 4 (34 Prozent der untersuchten Patienten), und 47 Patienten wünschten und erhielten auch ein psychosomatisches Konsil.

Darüber hinaus wurde bei diversen Patienten eine psychotherapeutische Behandlung über den stationären Aufenthalt hinaus eingeleitet. Bei zwei Patienten zeigte sich im Rahmen des psychosomatischen Konsils sogar eine akute Suizidalität mit bereits konkreten Ideen für einen Suizid. Die Patienten wurden dann umgehend auf eine geschützte psychiatrische Station verlegt.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen den Nutzen des Screenings bei geringem zeitlichem Mehraufwand, sodass eine flächendeckende Einführung in der stationären dermatologischen Versorgung – gerade auch hinsichtlich der Früherkennung in jungen Jahren - zu empfehlen ist. Eventuell lässt sich hierdurch in Zukunft neben der spürbar besseren klinischen Versorgung auch eine höhere Fallpauschale erzielen. Eine Etablierung des Screenings im ambulanten Bereich sollte nach Ansicht der Studienautoren außerdem angestrebt werden.



Raimund Schmid / Katharina Maidhof-Schmid