Die Corona-Pandemie hat allen - auch Kinderarztpraxen - bisher viel abverlangt. Und sie dauert noch an. Helfen kann laut Dr. Landzettel zum Beispiel, wenn man sich durch gemeinsame Aktionen der Corona-Pandemie-Melancholie entgegenstellt und den Zusammenhalt in der Gruppe verbessert. Wie das funktionieren kann, schreibt er in seiner Praxiskolumne.

Die Corona-Pandemie dauert seit Ende 2019 an und hat uns bereits viel abverlangt. Zwischen den verschiedenen Wellen kam immer etwas Optimismus auf, dass es nun bald geschafft sein könnte. Die nächste Welle – auch bei uns in der pädiatrischen Praxis – rollte dann aber schon vom Horizont heran. Für die einen früher, für die anderen später erkennbar.

So ein wenig wie in dem englischen Lied "The Wellerman" [1]. Dort wird von einem Schiff gesungen, dass in See sticht und letztlich erfolglos einem Wal nachjagt, um diesen zu fangen. Die Matrosen halten ihre Hoffnung auf ein Ende dieser nicht absehbaren Irrfahrt und der unvermeidlichen Isolation auf dem Schiff in hoher rauer See mit dem erwarteten Eintreffen des Versorgungsschiffes namens "Wellerman" aufrecht. Dieses, nach seinen Unternehmern, den Gebrüdern Weller, benannte Versorgungsschiff, zahlte den Matrosen den Lohn für ihre Arbeit mit Geld, aber auch mit Tee, Zucker und Rum aus. "The Wellerman" wurde somit zum Inbegriff einer Erlösung aus der Isolation und der sehnlichst gewünschten Rückkehr nach Hause.

Im Jahr 2020 stellte der schottische Briefträger Nathan Evans seine Version des Wellerman ins Netz und diese ging viral um den Globus. Es scheint so, dass er viele Menschen in ihrer eigenen coronabedingten Isolation ansprach. Die Aufgabe der Matrosen, den Wal zu erlegen, war hoffnungslos, da dieser immer wieder untertauchte, um dann wieder durch Auftauchen und Schlagen mit der Flosse ein Boot nach dem anderen zu versenken.

So wie in der Pandemie, in der das Virus durch Mutationen auf den Intensivstationen Leben auslöschte und immer wieder neue Maßnahmen der Gesundheitsbehörden auslöste. Die Isolation auf einem Schiff lässt sich auch gut mit dem Homeschooling, dem Homeoffice und den fehlenden Sozialkontakten vergleichen. Das Lied ist dabei nicht leidend verfasst, sondern hat einen schnoddrigen bis trotzigen Charakter, im dem Sinn, dass man alles eines Tages überwunden haben wird. Viele kreative Köpfe stellten in der Folge ihre eigenen Versionen ins Netz. Eine wohltuende Aktion, die auf jeden Fall das Durchhalten stärkt.

Zeitgleich entstand auch im Jahr 2020 die "Jerusalema Challenge" [2], bei der es inhaltlich um ein Nicht-Verlassenwerden und um Errettung geht. Zu dem südafrikanischen Song von Kgaogelo Moagi (Master KG) haben sich viele Gruppen, wie Arztpraxen, Kliniken, Feuerwehren, Polizeistationen, Vereine und viele andere mit erfrischenden Tanzschritten der Corona-Pandemie-Melancholie entgegengestellt und damit die Teamfähigkeit und den Zusammenhalt in der Gruppe verbessert. Ein Zusammenhalt, der in der Pandemie – eben auch in der pädiatrischen Praxis – immer wieder auf eine harte Probe gestellt wurde. Seit aber die Warner-Music-Group sich im Rechtsstreit um Lizenzgebühren mit YouTube befindet, wurde es um diese tolle Aktion etwas stiller.

In der Praxis haben wir diese Form des gemeinsamen Tanzens nicht nur aufmerksam beobachtet, sondern auch in den Mittagspausen selbst ausprobiert. Wir waren begeistert über den Spaß, den diese Aktion gemacht hat. Es ergaben sich spürbare positive Effekte für das weitere Arbeiten im Team und für das Gemeinschaftsgefühl, in außergewöhnlichen Zeiten etwas Besonderes gemeinsam geleistet zu haben.

Dies alles wird uns und kann auch anderen in dem noch nicht beendeten Kampf gegen die Corona-Pandemie durchaus helfen – gerade wenn er noch länger anhalten sollte.


Literatur
1. https://www.youtube.com/watch?v=qP-7GNoDJ5c
2. https://www.dw.com/de/jerusalema-ein-tanz-song-geht-um-die-welt/l-56144747


Autor
Dr. Markus Landzettel, Darmstadt


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2021; 92 (6) Seite 364