Untersuchung zur Früherkennung von neurologischen Erkrankungen und Entwicklungsstörungen im ersten Lebensjahr. Mijna Hadders-Algra, Uta Tacke, Joachim Pietz, Heike Philippi für die Reihe „Pädiatrische Neurologie“ (Hrsg. Florian Heinen). 1. Auflage 2021, 220 Seiten, Kohlhammer Verlag, ISBN 978-3-17-037922-0; 39,00 Euro

Die Autoren Hadders-Algra, Tacke, Pietz und Philippi legen ein sehr lesenswertes und praxisnahes Buch zur Untersuchung und Früherkennung von neurologischen Erkrankungen und Entwicklungsstörungen im 1. Lebensjahr vor. Das Buch spiegelt die sehr große Erfahrung der Autorinnen und des Autors auf dem Gebiet der Entwicklungsneurologie wider und ist letztendlich ein Kondensat einer internationalen Kooperation unter Einpflegen von deutschen, insbesondere auch niederländischen und schweizerischen Daten.

Das Werk ist gegliedert in einen Grundlagenteil mit Angaben zur frühzeitigen Erkennung von Säuglingen mit einem hohen Risiko für Entwicklungsstörungen und neurologischen Erkrankungen sowie den psychometrischen Eigenschaften und der Anwendung von SINDA.

Im zweiten und sehr umfänglichen Teil werden die SINDA-Skalen im Einzelnen beschrieben. Es kommen neurologische Skalen, Entwicklungsskalen sowie sozio-emotionale Skalen zur Anwendung. Den einzelnen Skalen sind eine Vielzahl von sogenannten "Items" zugeordnet. Beispielsweise geht es um den Gesichtsausdruck, die Mundmotorik, das Reagieren auf Laute der Mutter oder eines Untersuchers, ebenso wie das Beobachten des Kopfhebens über 45° für mindestens 3 Sekunden.

Es gehört zu den großen Vorzügen des Buches, dass Zusatzmaterialien in Form von Formularen, die in der praktischen Arbeit genutzt werden können und Videos, die die Durchführung von SINDA erklären bzw. typische Befunde sehr illustrativ darlegen. Obwohl das Werk "nur" über 200 Seiten verfügt, ist die immense Detailarbeit und der sehr große Kenntnisreichtum, der sich in dem Buch wiederfindet, jeder Seite anzumerken. Der große Vorteil der Untersuchungen zur Früherkennung ist der Bezug auf Normdaten, die dem IMP-SINDA-Projekt entnommen sind. Die Beurteilung einer "Entwicklungsstörung" ist nicht mehr nur dem persönlichen "Gefühl" vorbehalten, sondern kann objektiv, reproduzierbar und faktisch festgehalten werden. Die mitgereichten Formulare sind geeignet, den Entwicklungsstand oder eben auch eine Störung zu ermitteln und zu dokumentieren.

Insgesamt ist das Werk in hervorragender Weise geeignet, möglichst früh neurologische Erkrankungen oder Entwicklungsstörungen zu erkennen. Es ist praxisnah und hier besonders hervorzuheben, gut valide ausgelegt. Bei Kindern mit weniger auffälligen Anamnesen und Befunden mag der komplette Untersuchungsgang etwas aufwendig erscheinen. Die Überprüfung einzelner Items ist auch jetzt schon im Repertoire von Kinderärztinnen und Kinderärzten.

Fazit: Ein tolles, praxisnahes Werk, welches sich nicht nur für Neuropädiaterinnen und Neuropädiater oder in der Sozialpädiatrie empfiehlt, sondern auf den "Schreibtisch" aller Pädiaterinnen und Pädiater gehört.



Autor
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf, Worms

Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2022; 93 (6) Seite 492