Gruppe-A-Streptokokken (GAS) zählen zu den häufigsten bakteriellen Erregern im Kindes- und Jugendalter. In den letzten Jahren ist ein Anstieg invasiver GAS-Infektionen in Deutschland zu verzeichnen. Welche Rolle spielt Scharlach in dieser aktuellen Situation? Und was ist bei der Therapie und Prävention von Scharlach und invasiven GAS-Infektionen zu beachten?

Von vor Christus bis postpandemisch

Wenige Krankheitsbilder sind so lange bekannt, wie die bereits von Hippokrates von Kos insbesondere im Kindsbett beschriebenen invasiven Streptokokken-Infektionen. Noch im 18. und 19. Jahrhundert traten Sepsis, Wochenbettfieber und Scharlach endemisch auf, bis im 20. Jahrhundert die Verbesserung der hygienischen Verhältnisse und die Entdeckung der Penicillin-Wirkung durch Alexander Fleming 1928 (Nobelpreis 1945) zu einem kontinuierlichen Rückgang der schweren GAS-Infektionsausbrüche führte.

Nachdem Efstratiou et al. 2017 diesen Rückgang in England und Wales von 1901 – 2012 beschrieben hatten [1], waren es erneut Guy et al. in Großbritannien [2] zusammen mit Frankreich, Irland, den Niederlanden und Schweden im Dezember 2022, die auf eine postpandemisch drastische Zunahme invasiver GAS-Infektionen in einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufmerksam machten [3].

Während im Februar 2023 das Epidemiologische Bulletin des Robert Koch-Instituts (RKI) noch von einem im Vergleich zu den Vorjahren ungewöhnlich frühen und starken Anstieg invasiver GAS-Infektionen in Deutschland berichtete [4], war in den ARS-Meldedaten des RKI (ARS: Antibiotika-Resistenz-Surveillance) wie in den Einsendungen an das Nationale Referenzzentrum für Streptokokken in Aachen im April 2023 bereits auch ein absoluter Anstieg invasiver GAS-Infektionen in Deutschland quantifizierbar, von dem besonders Kinder vor dem 10. Lebensjahr betroffen waren [5]. Wie in der Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) im Dezember 2022 diskutiert [6], konnte diese Zunahme potenziell aufgrund einer durch die Pandemie-Maßnahmen reduzierten (Schleim-)Hautimmunität im Sinne eines "Nachholeffekts" bedingt sein. Andererseits konnten auch potenziell molekular veränderte Erregereigenschaften dafür verantwortlich sein. Diese Erregerveränderungen betrafen vor allem einen schon präpandemisch nachweisbaren, aber postpandemisch deutlich zunehmenden emm1UK-GAS-Stamm in Großbritannien, der auch in etlichen anderen europäischen Ländern neben weiteren emm1UK-assoziierten klonalen Komplexen beschrieben wurde. Eine pathophysiologisch kausale Verbindung des veränderten M1-Proteins mit schwereren Krankheitsverläufen ist bisher nicht nachgewiesen worden [7 – 9].

Von Interesse mag sein, dass der GAS-emm1-Typ immer schon mit Ausbruchssituationen assoziiert wird, aber in Deutschland einer der häufigsten Isolate auch bei nichtinvasiven GAS-Infektionen ist. J. Osowicki und V. Nizet führten 2023 als dritte Hypothese zur Ursache des GAS-Inzidenzanstieges im Artikel "Malice in chains" eine potenzielle Immundysregulation durch SARS-CoV-2-Infektionen an [10].

Bleiben die Ursachen auch ungeklärt – Fakt war und ist, dass Gruppe-A-Streptokokken (GAS) früher wie heute einer der häufigsten bakteriellen Erreger im Kindes- und Jugendalter waren bzw. sind, sowohl für nichtinvasive wie auch invasive Infektionen.

Mikrobiologische GAS-Grundlagen

Diagnostische Aspekte verstehen

GAS sind beta-hämolysierende Streptokokken, die das Lancefield-Gruppe-A-Antigen auf der Oberfläche tragen. Dieses Antigen kann mittels Schnelltest (RA(D) T, rapid antigen (detection) test) nachgewiesen werden. Bei GAS-Nachweis aus humanen Materialien handelt es sich fast ausschließlich um die Spezies Streptococcus pyogenes. Daher werden beide Begriffe häufig auch synonym verwenden.

Wie das für die mikrobiologische Identifikation verwendete Hämolyse-Verhalten auf Blutagar schon andeutet, besitzen GAS erythrogene Toxine, welche die Zellmembran auch menschlicher Erythrozyten zerstören können und bei Wachstum auf Blutagar zu einer hellen durchscheinenden Zone führen. Diese Exotoxine werden auch Streptolysine genannt und sind in der klinischen Diagnostik durch Antikörpertests bekannt, mit denen man die menschliche Antikörperantwort gegen GAS in Form des Anti-Streptolysin-S-(ASL)- und Anti-Streptolysin-O-(ASO)-Titer nachweisen kann. Titer-Entwicklungen passend zum klinischen Verlauf können zur Diagnose von Poststreptokokken-Erkrankungen hilfreich sein. Da es sich dabei um einen unzuverlässigen serologischen Nachweis der menschlichen Immunreaktion handelt, sind sie zur Diagnose der akuten GAS-Infektion oder des GAS-Trägerstatus obsolet.

Bei Verdacht auf invasive GAS-Infektionen ist die Blutkultur Diagnostik der Wahl ebenso wie der GAS-Nachweis aus primär sterilem Material.

Da die minimalen Hemmkonzentrationen der meisten Antibiotika für GAS niedrig sind, kann bereits eine Gabe eines Beta-Laktam-Antibiotikums ausreichen, damit der kulturelle Erregernachweis auch bei korrekt befüllter Blutkulturflasche nicht mehr gelingt. Insbesondere bei antibiotischer Vortherapie kann daher ein zusätzlicher GAS-spezifischer oder eubakterieller PCR-Nachweis aus primär sterilem Material (z. B. Pleurapunktat bei Empyem) hilfreich sein. Ein negatives molekulargenetisches Ergebnis schließt jedoch die Diagnose nicht aus, da insbesondere in Materialien mit hohem Anteil an Granulozyten bzw. Eiweiß die PCR inhibiert sein kann. GAS-Schnelltests sind bisher ausschließlich für die Rachenabstrich-Diagnostik zugelassen, sodass der RAT aus anderen Materialien nicht als korrekte mikrobiologische Diagnostik angesehen werden kann.

Pathophysiologische Aspekte verstehen

Neben den erwähnten Hämolysinen und weiteren Virulenzfaktoren besitzen GAS zusätzlich Exotoxine, die als Superantigene (SAg) fungieren. Superantigene sind bifunktionale Moleküle, die einerseits ohne vorherige Prozessierung an die MHCII-Moleküle antigenpräsentierender Zellen, andererseits an die variable Region der ß-Kette des T-Zell-Rezeptors (TCR) binden und dadurch eine unspezifische, polyklonale Aktivierung von bis zu 20 % aller T-Lymphozyten auslösen können. Diese Aktivierung führt im Vergleich zu anderen Antigenen, die nur 0,0001 bis 0,001 % aller T-Lymphozyten aktivieren, zu einer massiven Zytokinfreisetzung ("Zytokin-Sturm"), die sich klinisch als (toxischer) Scharlach bzw. Streptokokken-Toxin-Schock-Syndrom präsentiert.

Während heutzutage viele Streptokokken-pyrogene Exotoxine (Spes) bekannt sind, die als Superantigene wirken können, wurden die zuerst identifizierten Spes auch als Scharlachtoxine bezeichnet. Aufgrund fehlender Kreuzimmunität im Rahmen der Spe-induzierten menschlichen Immunantwort kann Scharlach auch mehrfach auftreten. Der neben den Spes bekannteste GAS-Virulenzfaktor ist das M-Protein, welches die GAS vor Phagozytose schützt und dem insbesondere im Rahmen der molekularen GAS-Surveillance Bedeutung zukommt.

Invasive Infektionen durch GAS

Als invasive GAS-Infektion bezeichnet man ein infektiöses Krankheitsbild, das durch systemische Entzündungszeichen und GAS-Nachweis im Blut oder anderen primär sterilen Materialien (Liquor cerebrospinalis, Pleurasekret, Synovialflüssigkeit etc.) gekennzeichnet ist. Insgesamt ist kaum ein Erreger so vielseitig wie GAS. Sie können vom asymptomatischen Trägerstatus, über lokale Haut- und Schleimhautinfektionen zu invasiven Infektionen und postinfektiösen Erkrankungen reichen. Daher ist es wichtig,

  • erstens zwischen diesen verschiedenen Entitäten genau zu unterscheiden und
  • zweites auch die Merkmale der invasiven Infektionsformen richtig einzuordnen.

Bei invasiven GAS-Infektionen kann es sich um primär invasive Infektionen handeln, d. h., die invasive Infektion tritt ohne nennenswerte Prodromi zeitgleich mit den ersten Krankheitssymptomen auf. Bei sekundär invasiven Infektionen besteht zunächst eine Lokalinfektion, die sich im Folgenden per continuitatem oder hämatogen systemisch ausbreitet. Die Übergänge zwischen diesen Formen sind fließend.

Zusätzlich ist es wichtig, zwischen GAS-Erreger-bedingtem Krankheitsbild und (zusätzlich) Toxin-vermittelter Entzündungsaktivität (wi z. B. beim Streptokokken-Toxin-Schock-Syndrom) zu unterscheiden.

Zu den invasiven GAS-Infektionen zählen Peritonsillarabszess und Mastoiditis wie auch Pneumonie und Pleuraempyem, septische Arthritis, Osteomyelitis, Pyomyositis, Sepsis, Meningitis, Hirnabszesse und vieles mehr.

Scharlach

Das Krankheitsbild Scharlach in seinem klassischen Verlauf wurde anhand einer sehr genau charakterisierten klinischen Symptomfolge im medizinischen Schrifttum des 18./19. Jahrhunderts detailliert beschrieben. Dies wurde im Kinder- und Jugendarzt 05/2014 ausführlich dargestellt [11]. Sind diese klassischen Scharlachverläufe heute verschwunden? Sehen wir stattdessen mehr schwere invasive Infektionen? Oder gibt es Scharlach im strengen Sinne auch heutzutage noch und vielleicht viel häufiger, als er im Rahmen der aktuellen GAS-Infektionswelle tatsächlich diagnostiziert wurde?

Ganz wesentlich ist zu wiederholen, dass der Begriff "Scharlach" leider lange Zeit unreflektiert für die Symptomkombination Halsschmerzen und Exanthem verwendet wurde, auch ohne Nachweis einer GAS-Infektion. Oder er wurde synonym verwendet für die GAS-Tonsillopharyngitis. Da das Krankheitsbild Scharlach per definitionem klinisch eine schwere GAS-Infektion beschreibt und pathophysiologisch durch GAS-Toxine ausgelöst wird, führten die diagnostisch unscharfen Begriffsverwendungen in den vergangenen Jahren zu viel Verwirrung und unter anderem auch die für den klassischen Scharlach konzipierten Hygienemaßnahen ad absurdum.

Da Sprache im Wandel ist, könnte man die Frage stellen, ob man nicht für alle milden GAS-assoziierten systemischen Krankheitsbilder mit Exanthem den alten Begriff "Scarlatinella" oder "atypischer Scharlach" nutzen sollte, und für schwere GAS-Toxin-vermittelte Krankheitsbilder dagegen weiterhin den Begriff des (toxischen) Scharlachs verwendet. Wenn der ein oder die andere, welche/r in die Behandlung schwerer GAS-Infektionen involviert ist, mit der massiven Entzündungsreaktion im Rahmen einer nachgewiesenen GAS-Infektion konfrontiert ist und sich an die vielen schweren, oft tödlich verlaufenen Scharlacherkrankungen in der Geschichte erinnern mag, an den Liederzyklus der Totenlieder Gustav Mahlers oder die Texte Friederich Rückerts, ist es da so weit hergeholt, sich der alten historischen Begriffe zu bedienen?

Wichtig für das Krankheitsverständnis ist es zu begreifen, dass bei einem Erreger, der eine überaus starke immunologische (T-Zell-)Reaktion triggert, aber auf das einfache und alte Penicillin-hochsensibel ist, die oft lebensbedrohliche Entzündungsreaktion im Vordergrund steht – und es aus diesem Krankheitsverständnis heraus therapeutisch sinnvoll zu handeln gilt. Sowohl eine lokale GAS-Infektion mit starker Toxin-Freisetzung und klinischer Reaktion darauf kann Scharlach sein, ebenso wie eine invasive Infektion, die mit GAS-Toxin-Bildung einhergeht. Namensgebend für den Scharlach ist in jedem Fall das begleitende Exanthem. Da nicht alle GAS-Stämme Spes bilden, ist nicht jede (lokale oder) invasive GAS-Infektion Scharlach. Es ist nicht jede Tonsillitis Scharlach und nicht jeder Scharlach muss mit Tonsillitis einhergehen. So gibt es auch (selten) den Wundscharlach, eine von einer Wunde ausgehende Hautinfektion mit begleitendem Exanthem und/oder Enanthem mit starker systemischer Entzündungsreaktion. Auch bei einem Kind mit Pleuraempyem oder septischer Arthritis mit zweizeitigem oder außergewöhnlich langem Fieber, dessen Fieber eben NICHT darauf zurückzuführen ist, dass es sich um eine Penicillin-resistente GAS-Infektion handelt, bei der man die antibiotische Therapie eskalieren müsste (Penicillin-resistenten GAS gibt es nicht) und dessen Exanthem eben keine Penicillin-Allergie ist, mag man aufgrund des Exanthems einen Scharlach diagnostizieren.

Fazit: An Scharlach denken
Es ist entscheidend wichtig, bei Patientinnen und Patienten mit starker systemischer Immunreaktion, bei Verdacht auf bzw. beim Nachweis einer GAS-Infektion und entsprechendem Enanthem/Exanthem an "Scharlach" zu denken.

Therapie von Scharlach und invasiven GAS-Infektionen

Trotz angestiegener Fallzahlen invasiver GAS-Infektionen in Deutschland ist weiterhin eine restriktive antibiotische Therapie bei Halsschmerzen entsprechend der Handlungsalogrithmen im DGPI-Handbuch [12] und den entsprechenden AWMF-S3-Leitlinien empfohlen [13, 14], da Halsschmerzen in der überwiegenden Zahl viral bedingt sind. Bei GAS-Tonsillopharyngitis ist die Indikation zur antibiotischen Therapie entsprechend den Leitlinien individuell zu stellen. Bei korrekt gestellter Scharlach-Diagnose (!) jedoch bleibt es dabei, dass eine antibiotische Behandlung indiziert und Penicillin das Mittel der Wahl ist!

Weltweit gibt es bisher weiterhin keine klinisch relevante nachgewiesene Penicillin-Resistenz der Spezies S. pyogenes (GAS). Daher erfolgt bei Nachweis einer GAS-Infektion die kalkulierte antibiotische Therapie mit Penicillin. Die Dosis variiert dabei je nachdem, in welchem Gewebe/Kompartiment die invasive GAS-Infektion behandelt werden muss. Bei begründetem Verdacht auf eine Penicillin-Allergie ist bei leichten GAS-Infektionen z. B. Clarithromycin eine Alternative zum Penicillin; bei Penicillin-Allergie und schweren GAS-Infektionen oder Infektionen des ZNS sind Ceftriaxon bzw. Cefotaxim empfohlen.

Antibiotic Stewardship (ABS) bedeutet nicht, Antibiotika möglichst oder um jeden Preis einzusparen, sondern die antibiotische Therapie bestmöglich im Sinne der Patientinnen und Patienten einzusetzen. Beim korrekt diagnostizierten Scharlach handelt es sich definitionsgemäß um eine schwere Allgemeinerkrankung auf dem Boden einer nachgewiesenen bakteriellen Infektion. Durch die antibiotische Therapie wird neben der unmittelbaren antimikrobiellen Wirkung auf den Erreger selbst auch die Toxinproduktion gehemmt und die immunvermittelte Entzündungsreaktion minimiert. Dieser antibiotische Therapieeffekt wird bei korrekter Scharlachdiagnose durch rasche klinische Besserung der Patientinnen und Patienten offensichtlich. Trotz der direkten klinischen Besserung ist bei Scharlach auf eine ausreichend lange antibiotische Therapiedauer zu achten, da durch eine nur kurzzeitige Penicillin-Therapie die GAS-Zahl zwar verringert, aber nicht ausreichend aus den Tonsillenkrypten eliminiert wird. Historisch beträgt die Therapiedauer des Scharlachs 10 Tage. Bei invasiven GAS-Infektionen in einem gut erreichbaren Körperkompartiment kann die Dauer der intravenösen Penicillin-Therapie auch anhand des klinischen Verlaufs festgelegt werden und beträgt in der Regel 7 bis 10 Tage; bei ZNS-, Knochen- und anderen invasiven GAS-Infektionen mit deutlicher Krankheitsschwere muss sie entsprechend den Empfehlungen verlängert werden.

Eine deutliche Letalitätsreduktion konnte beim Streptokokken-Toxin-Schock-Syndrom in etlichen, nichtkontrollierten Studien durch die Addition von Clindamycin erreicht werden [15]. Da Clindamycin die ribosomale Proteinsynthese hemmt und dadurch die Toxin-Produktion und nachfolgend überschießende Immunreaktion vermindern soll, ist Clindamycin möglichst bereits initial als Kombinationspartner zum Betalaktam-Antibiotikum einzusetzen. Clindamycin kann, wenn durch die bakterizide Wirkung von Penicillin nach einigen Tagen die (Replikation und) Proteinsynthese der GAS bereits deutlich reduziert ist, wieder beendet werden, d. h. üblicherweise nach 5 Tagen. Neben dem Streptokokken-Toxin-Schock-Syndrom kann die additive Clindamycin-Therapie gemäß AWMF-Leitlinie auch z. B. bei abszedierender Pleuropneumonie erwogen werden [16]. Ein ähnliches Vorgehen wird auch bei schweren Weichgewebsinfektion, z. B. der nekrotisierenden Fasziitiis oder der Pyomyositis, empfohlen.

Bei schwerer Sepsis und Streptokokken-Toxin-Schocksyndrom ist die Evidenz für die intravenöse Gabe von Immunglobulinen gering, wird aber bei potenziell lebensbedrohlicher Krankheitsschwere in diesen Situationen klar empfohlen. Die additive immunmodulatorische Therapie mit Steroiden wird sowohl bei Sepsis, schwerer Sepsis und Streptokokken-Toxin-Schock-Syndrom im Kindesalter weiterhin kontrovers diskutiert. Der erfolgreiche kurzzeitige Einsatz von Steroiden bei protrahiertem oder zweitzeitig auftretendem Fieber wie auch z. B. bei Patientinnen und Patienten mit Pleuraempyem wird immer wieder beschrieben.

Prävention von Scharlach und invasiven GAS-Infektionen

GAS werden durch direkten und indirekten Kontakt sowie (weniger) durch Tröpfchenbildung von Patientinnen und Patienten mit GAS-Racheninfektion (nicht von gesunden GAS-Trägerinnen und -Trägern) übertragen. Die Inkubationszeit beträgt 1 – 3 Tage. Das Zusammenleben auf engem Raum (Schule, Gemeinschaftsunterkünften etc.) begünstigt die Transmission. Durch Standardhygienemaßnahmen können die Transmission und Infektionsausbrüche vermieden werden.

Die Wiederzulassung zu Gemeinschafts einrichtungen ist mit oder ohne antibiotische Therapie frühestens nach 24 Stunden und nach vollständigem Persistieren der klinischen Symptome möglich. Für Personen in der Wohngemeinschaft mit Kontakt zu schweren GAS-Infektionen (d. h. GAS-Sepsis, Streptokokken-Toxin-Schock-Syndrom oder nekrotisierender Fasziitis) sollte eine Chemoprophylaxe analog zur Prophylaxe bei invasiven Meningokokken-Infektionen erfolgen. Dies wird üblicherweise mit Rifampicin oder bei nachgewiesener Empfindlichkeit auch mit Clindamycin durchgeführt [17].

Gemäß §34 Absatz 6 IfSG hat die Leitung einer Gemeinschaftseinrichtung das Gesundheitsamt unverzüglich zu informieren, wenn betreuende oder betreute Personen an Scharlach (korrekte Diagnosestellung wichtig!) oder "sonstigen Streptococcus-pyogenes-Infektionen" erkranken [17].

Wesentliches für die Praxis . . .
  • Scharlach ist definiert als schwere Allgemeinerkrankung MIT Exanthem UND Nachweis von Gruppe-A-Streptokokken (GAS). Die Schwere der Infektionskrankheit (wie auch die Exanthembildung) wird durch die Bildung von Exotoxinen des Erregers GAS bestimmt.
  • Bei Hinweisen auf Toxin-vermittelte Entzündungsreaktion im Rahmen invasiver GAS-Infektionen kann Clindamycin zusätzlich zu hochdosierter intravenöser Penicillin-Therapie die Toxin-Produktion und die damit einhergehende starke Entzündungsreaktion reduzieren.
  • Eine Prophylaxe für enge Haushaltskontakte von Patientinnen und Patienten mit schweren invasiven GAS-Infektionen ist analog zur Umgebungsprophylaxe bei invasiven

Literatur
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11. Töpfner N, Berner R (2014) Wann ist es wirklich Scharlach? Kinder- und Jugendarzt 45: 223 – 231
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13. AWMF S3-Leilinie, gültig bis 30.10.2025, Halsschmerzen, Registernummer 053 – 010, https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/053-010
14. AWMF-S3-Leitlinie, gültig bis 14.01.2029, Therapie der Tonsillo-Pharyngitis, Registernummer 017 – 024, https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/017-024
15. Babiker A, Li X, Lai YL, Strich JR, Warner S et al. (2021) Effectiveness of adjunctive clindamycin in beta-lactam antibiotic-treated patients with invasive beta-haemolytic streptococcal infections in US hospitals: a retrospective multicentre cohort study. Lancet Infect Dis 21 (5): 697 – 710. doi: 10.1016/S1473-3099(20)30523-5
16. AWMF-S2k-Leitlinie, gültig bis 30.01.2029, Management der ambulant erworbenen Pneumonie bei Kindern und Jugendlichen (pCAP), Registernummer 048 – 013, https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/048-013
17. RKI-Ratgeber (Stand: 01.02.2024), Streptococcus-pyogenes-Infektionen. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Streptococcus_pyogenes html#doc2374548bodyText13

Autoren:
© Michael Kretzschmar/UKD
PD Dr. med. Nicole Töpfner
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Medizinische Fakultät der TU Dresden
Fetscherstraße 74, 01277 Dresden
Interessenkonflikt:
Autorin und Autor geben an, dass kein Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Beitrag besteht.

Reinhard Berner
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Medizinische Fakultät der TU Dresden
Fetscherstraße 74, 01277 Dresden


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2024; 95 (6) Seite 418-424