In Teil 5 der Serie geht es die Impetigo contagiosa, die häufigste bakterielle Hauterkrankung im Kindesalter. Die Therapie richtet sich nach der Schwere des Lokabefundes. Wann ist eine antiseptische Lokaltherapie und wann eine systemische Antibiotikatherpie sinnvoll?

Serie YoungDGPI meets AnTIB: Teil 5
Antibiotika sollten gezielt ausgewählt und eingesetzt werden. Um dieser Herausforderung zu begegnen, hat das Projekt "AnTiB – Antibiotische Therapie in Bielefeld" praxisnahe Empfehlungen für die ambulante antibiotische Therapie in Bielefeld erarbeitet. Damit möglichst viele Kolleginnen und Kollegen aus der Pädiatrie davon profitieren, stellen wir Mitglieder aus der jungen Sektion der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (Young DGPI) in dieser Artikelreihe klinische Entscheidungshilfen vor, die wir gemeinsam mit AnTiB zu häufigen Infektionen in der kinderärztlichen Praxis erstellt haben.

Die Impetigo contagiosa ist eine oberflächliche, hochinfektiöse Hauterkrankung, die im Kindesalter häufig auftritt und durch Staphylococcus aureus oder seltener durch beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A verursacht wird. Die Übertragung kann als Tröpfcheninfektion oder Schmierinfektion direkt von Mensch zu Mensch sowie indirekt über Gegenstände erfolgen. Aufgrund der hohen Kontagiosität ist ein epidemisches Auftreten v. a. in Familien, Kindergärten und Schulen möglich.

Charakteristischerweise treten Effloreszenzen insbesondere im Gesichtsbereich auf, und es kommt zu Bildung von Blasen, die mit honiggelben Krusten abheilen. Die Infektion beschränkt sich auf den unmittelbar subkornealen Bereich, betrifft primär nicht tiefere Hautschichten und heilt narbenlos ab. Allgemeinsymptome liegen i. d. R. nicht vor.

Eine sekundäre Impetiginisation kann sich z. B. auf dem Boden von exkoriierten Ekzemen, Insektenstichen oder Wunden, kutanen Herpes-simplex-Virus-Infektionen, Varizellen oder einer Skabies entwickeln. Feucht-warme Umgebungsbedingungen können dies befördern.

Die Impetigo ist die häufigste bakterielle Hauterkrankung im Kindesalter!

Grundlegend ist neben der Therapie der Infektion das Einhalten von Hygienemaßnahmen empfohlen, wie gründliche Hände- und Körperhygiene sowie das Waschen von Kleidung und Bettwäsche bei mind. 60 °C sowie das Tragen lockerer Kleidung. Im Folgenden geht es um die Diagnostik und Therapie der Impetigo contagiosa im ambulanten Setting.

Diagnostik

Die Diagnose wird normalerweise anhand des typischen klinischen Bildes eines fleckförmigen oder flächenhaften Ausschlags in Form von rupturierten, eingetrockneten Blasen oder Bläschen mit "borkigen" honiggelben bis braunen Krusten auf erythematösem Grund gestellt. Die Läsionen werden häufig perioral und perinasal beobachtet, können aber auch am gesamten Körper auftreten. Eine komplette Untersuchung ist daher notwendig. Da es sich i. d. R. um eine klinische Diagnose handelt, ist nur in Ausnahmefällen ein mikrobiologischer Erregernachweis erforderlich, z. B., wenn sich die Unterscheidung von einer Herpes-simplex-Infektion (HSV-Infektion) schwierig gestaltet oder eine Erregerdifferenzierung sinnvoll ist. Bei komplizierten, therapieresistenten Verläufen oder primären Hinweisen auf Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) ist ein Antibiogramm notwendig.

Groborientierend wird die kleinblasige Form der Impetigo eher durch ß-hämolysierende Streptokokken verursacht, die großblasige Impetigo eher durch Staphylococcus aureus. Häufig sind diese Formen klinisch jedoch nicht eindeutig abgrenzbar.

Differenzialdiagnostisch ist vor allem bei Patientinnen und Patienten mit atopischem Ekzem an eine kutane HSV- oder Enterovirus-Infektion zu denken. Bei unbehandelten Fällen sind invasive Infektionen der Weichgewebe, Lymphangitis und eine Sepsis möglich.

Cave: Anhand der auftretenden Effloreszenzen lässt sich nicht sicher auf den vorliegenden Erreger schließen!

Die Bulla repens ist eine Sonderform der Impetigo an stark verhornter Haut, bevorzugt an den Fingern. Da die prallen Blasen mit der stabileren Hornhaut nicht platzen, breitet sich die Infektion subkorneal ggf. über den ganzen Finger aus.

Antibiotikagabe bei Impetigo contagiosa?

Die Therapie richtet sich nach der Ausdehnung und Schwere des Lokalbefundes. Bei gutem Allgemeinzustand und kleinem Infektionsareal ist eine konsequente antiseptische Lokaltherapie Mittel der ersten Wahl (Tab. 1).

Auf okklusive Verbände sollte verzichtet werden, um eine Ausbreitung im feucht-warmen Millieu nicht zu fördern.

Auch topische Antibiotika fördern die Resistenzentwicklung. Sie sollten nur in ausgewählten Fällen eingesetzt werden, wenn eine antiseptische Therapie nicht ausreichend und eine systemische antibiotische Therapie nicht notwendig ist. In diesen Fällen kann bei Staphylokokken-Infektionen ggf. topische Fusidinsäure verwendet werden. Diese ist jedoch gegen S. pyogenes schlecht wirksam. Mupirocin bleibt der MRSA-Sanierung vorbehalten und soll nicht bei Hautinfektionen eingesetzt werden.

Bei ausgedehnten und/oder multilokulären Befunden, systemischen Infektionszeichen (Fieber, reduzierter Allgemeinzustand), Progredienz oder Therapieresistenz wird eine systemische antibiotische Behandlung empfohlen (Tab. 2). Diese sollte bei unbekanntem Erreger immer auch S. aureus-wirksam sein und bei deutlicher Krankheitsschwere oder Risikofaktoren und insbesondere bei Neugeborenen und jungen Säuglingen intravenös erfolgen.

Eine Bulla repens erfordert eine Eröffnung, ein Débridement (Wundtoilette) und eine antiseptische Therapie.

Rezidive

Bei einer Impetigo besteht eine erhöhte Rezidivneigung bzw. Erkrankungen bei Familienangehörigen oder Spielkameraden. Eine erfolgreiche Therapie reduziert die Anzahl der Erreger deutlich, schließt aber eine weitere Besiedlung nicht aus. Eine zeitlich begrenzte Fortsetzung der Hygienemaßnahmen und insbesondere eine konsequente antiseptische Versorgung jeglicher – auch kleiner – Wunden ist daher empfehlenswert.


Literatur, auf der diese Empfehlungen basiert
1 AnTiB-Empfehlungen zur antibiotischen Therapie in Bielefeld. https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/gesundheitswissenschaften/ag/ag2/antib/AnTiB_Paed_2022.pdf
2 DGPI-Handbuch Kapitel 33, 7. Auflage 2018
3 Höger, Peter H (2022): Kinderdermatologie. Differenzialdiagnostik und Therapie bei Kindern und Jugendlichen. 4. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag

Korrespondenzadresse
Dr. med. Svenja Dreßen
Klinik und Poliklinik für Kinder und Jugendmedizin
Universitätsklinikum Dresden
Fetscherstraße 74, 01307 Dresden
Tel.: 09 31/201-2 79 16

Interessenkonflikt:
Die Autorin gibt für sich und ihren Co-Autor an, dass kein Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Beitrag besteht.


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2024; 95 (4) Seite 277-278