Die Prognose für Kinder, die zum Zeitpunkt einer Krebsdiagnose bereits adipös sind, fällt sehr schlecht aus. Für Kinder mit Tumoren im Zentralnervensystem sowie akuter lymphatischer Leukämie trifft dies in ganz besonderer Weise zu.
Dies ist das Ergebnis einer Kohortenstudie (Cancer 2025; online 13. Januar) vom Centre Hospitalier Universitaire (CHU) de Sainte‐Justine in Montreal, die auf Statistiken der Datenbank "Cancer in Young People in Canada" zurückgreift. Eingeflossen sind dabei die Daten von 11.291 Kindern mit neu diagnostizierter Krebserkrankung in Kanada aus den Jahren 2001 bis 2020. Von den Kindern, die in diesem Zeitraum zwischen 2 bis 18 Jahre alt waren, waren 10,5 % adipös. An einer Leukämie litten 37,1 % von ihnen, wobei bei 82,5 % eine akute lymphatische Leukämie (ALL) diagnostiziert wurde. Am zweithäufigsten (bei rund 22 % der Kinder) traten Tumore im Zentralnervensystems (ZNS) auf.
Das generelle, zentrale Ergebnis der Kohortenstudie lautet: Der Zeitraum für ein ereignisfreies Überleben (EFS) fiel bei adipösen Kindern kürzer aus als bei den jungen Patienten, die nicht adipös waren. EFS war definiert als die Zeit zwischen Diagnose und einem ersten sich krankheitsbedingt verschlechternden Ereignis (vom Rezidiv über einen sich verschlechternden Krankheitsverlauf bis hin zu sekundären malignen Erkrankungen oder dem Tod des Kindes). Nach fünf Jahren lebten noch 79,6 % der Kinder, die kein derartiges Ereignis erleben mussten gegenüber 77,5 % der Kinder, die eines dieser Ereignisse durchmachen mussten. Die Adipositas scheint dabei eine Rolle zu spielen. Denn die Gesamt-Fünf-Jahres-Überlebensrate lag bei betroffenen Kindern mit Adipositas bei 83 %, bei allen anderen bei 86 %.
Besonders gravierend waren die Folgen von Adipositas für die Gruppe der Kinder mit ALL. Bei ihnen erhöhte sich zum Zeitpunkt der Diagnose das Risiko für ein Ereignis um 55 %, das Risiko zu sterben sogar um 75 %. In etwas abgeschwächter Form traf dies auch auf adipöse Kinder mit ZNS-Tumoren zu. Deren EFS-Wert fiel ebenfalls schlechter aus. Bei anderen Krebsarten, wie etwa der akuten myeloischen Leukämie oder Lymphomen, konnten solche eindeutigen Korrelationen nicht festgestellt werden.
Die Ergebnisse dieser Studie untermauern nach Ansicht der Montrealer Forscher die dringende Notwendigkeit, die Epidemie der kindlichen Adipositas zu reduzieren, da diese vielfach die Krebsentwicklung, Metastasen und Therapieresistenzen fördern. Zudem fordern die Wissenschaftler ein individuelles Drug-Monitoring, da sehr wahrscheinlich tumorkranke Kinder mit Adipositas eine zu geringe Dosierung der entsprechend erforderlichen Medikamente erhalten.
Raimund Schmid