Die Therapie einer Krebserkrankung während der Schwangerschaft hat wohl keine negative Auswirkungen auf die Entwicklung und die Fähigkeiten der Kinder in der späteren Kindheit.
Die hat ein internationales Forschungsteam in Löwen (Belgien) in der Studie des International Network on Cancer, Infertility and Pregnancy (INCIP) herausgefunden. Die Anzahl der diagnostizierten Krebserkrankungen während der Schwangerschaft liegt bei ca. 1 pro 1000 bis 1 pro 1500 Schwangerschaften pro Jahr. Krebserkrankungen bei Schwangeren werden in der Regel mit denselben Methoden wie bei nicht schwangeren Frauen behandelt. Ob und wie sich eine (pränatale) Chemotherapie, Strahlentherapie oder Operation auf die Kinder auswirkt, untersuchten die belgischen Wissenschaftler am Universitätsklinikum Löwen. Dort werden Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft eine Krebstherapie durchgemacht haben, bis zu einem Alter von 18 Jahren regelmäßig nachuntersucht. In der Studie wurde nun 151 Kinder im mittleren Alter von 9,3 Jahren hinsichtlich Kognition und Verhalten getestet. Ein von den Eltern ausgefüllter Fragebogen zum Verhalten der Kinder ergänzte die Nachuntersuchung.
Während sich bei Untersuchungen in der früheren Kindheit im Alter von 22 Monaten und sechs Jahren sich noch kognitive Defizite und Auffälligkeiten bei verbalen und räumlich-visuellen Fähigkeiten zeigten, wurden nun keine Unterschiede im Vergleich zu den altersentsprechenden Normwerten festgestellt. Intelligenzwerte, verbales und visuell-räumliches Gedächtnis, Aufmerksamkeitsfunktion und Verhalten bewegten sich im normalen Bereich. Auch der allgemeine Gesundheitszustand der Kinder wurde als unauffällig eingestuft.
Die Wissenschaftler folgern aus den Ergebnissen, dass eine Chemotherapie während der Schwangerschaft keine Folgen auf die Intelligenz und das Verhalten der Kinder hat. Sie konnten auch keinen Zusammenhang mit den verwendeten Chemotherapeutika, Expositionsniveau und dem Zeitraum der Therapie während der Schwangerschaft erkennen.
Hingegen wurden jedoch Zusammenhänge mit Frühgeburtlichkeit, Tod der Mutter und mütterlicher Bildung beobachtet. Kinder, deren Testergebnisse unterhalb der Norm lagen, waren jedoch häufiger mit Frühgeburtlichkeit assoziiert. Bei einer mütterlichen Krebserkrankung der Mutter besteht ein hohes Frühgeburtsrisiko. Jede zusätzliche Woche im Gestationsalter ist daher ein Gewinn für die spätere Intelligenz, für die verbalen und performativen Fähigkeiten und die Verarbeitungsgeschwindigkeit. Auch beim Bildungsgrad der Mutter konnte eine Assoziation zur Intelligenz der Kinder festgestellt werden.
Kinder, deren Mutter vor dem zweiten Lebensjahr verstarb, wiesen hinsichtlich der Intelligenz gegenüber Kindern mit überlebenden Müttern niedrigere Testergebnisse auf. Diese Assoziation verschwand aber nach Abgleich gegen das Gestationsalter, denn im Durchschnitt kamen die Kinder, die ihre Mütter früh verloren hatten, als Frühgeborene zur Welt.
Katharina Maidhof-Schmid