Obwohl Patienten und Eltern mit ihrem täglich erlebten Erfahrungswissen um die Krankheit ihrer Kinder häufig kompetente Experten in eigener Sache sind, werden sie oft nur unzureichend und nicht auf Augenhöhe beteiligt.
Diese Kritik hat Professor Thorsten Langer, Tagungspräsident der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ), beim Kongress für Kinder- und Jugendmedizin 2024 in Mannheim geübt. Bei der Premieren-Veranstaltung „Beteiligung von Patienten und Familien in der Forschung“ bekräftigte Langer, dass erst bei einer besseren Beteiligung Eltern und Eltern-Selbsthilfe-Vertreter ihre erlebte Kompetenz aus dem Alltag einbringen könnten. Damit würde dann auch das „Machtgefälle zwischen professionellen Behandlern und Patienten besser ausbalanciert werden“, ist der Freiburger Sozialpädiater überzeugt. Notwendig hierfür sei es, Patienten mit „chronic care“-Modellen, „shared-decision-making“-Konzepten oder Patientenschulungen spürbar in ihrer Verantwortung und Autonomie zu stärken.
In Einzelfällen gelinge dies bereits. So berichtete Langer von der COVID-19-Studie an der eigenen Universität in Freiburg, bei der das Kindernetzwerk als Dachverband der Selbsthilfe von Familien mit Kindern und jungen Erwachsenen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen ein gleichwertiger Forschungs-Partner sei. Beteiligt ist das Kindernetzwerk auch an der PHArMKid-Studie, in der das Therapierisiko bei der Versorgung mit für die Altersgruppe nicht zugelassenen Arzneimitteln – hinsichtlich altersgerechter Darreichungsformen und Dosierungen – von Arzneimittelexperten und Eltern gemeinsam eruiert werden soll.
Professor Peter Borusiak, Chefarzt des Kinderneurologischen Zentrums (KiNZ) der LVR-Klinik Bonn, ist ebenfalls der Meinung, dass die Teilhabe und partizipative Entscheidungsfindung von Seiten der Eltern zu kurz kommen. Er ging in Mannheim sogar noch einen Schritt weiter und trat dafür ein, als Pädiater nicht nur Eltern und ältere Jugendliche stärker nach ihren Bedürfnissen zu fragen, sondern bereits auch schon die „Kinder als Experten für sich selbst“ anzusprechen.
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Raimund Schmid
Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2025; 96 (1) Seite 09