Sollte man von einer primär operativen Behandlungsstrategie auf eine präferentiell konservative Behandlungsstrategie wechseln? Die Autoren einer Übersichtsarbeit sind dieser Frage nachgegangen.
Jüngst erschien im Deutschen Ärzteblatt ein lesenswerter Fortbildungsbeitrag zu „Akuter Appendizitis im Kindes- und Erwachsenenalter“. Die Autoren haben insbesondere die Diskussion um einen Wechsel von einer primär operativen Behandlungsstrategie auf eine präferentiell konservative Behandlungsstrategie in den Fokus ihrer Arbeit gestellt. Sie führten eine selektive Literaturrecherche in den Datenbanken Pubmed und Cochrane Libary durch. Vor dem Hintergrund der häufigen Appendizitis (1:1.000 Einwohner je Jahr) als häufigste Ursache des akuten Abdomens bzw. bedeutende Differenzialdiagnose des unklaren Abdomens ist eine solche Analyse sicher sinnvoll.
Die wesentlichen Ergebnissen waren, dass zur Diagnosesicherung neben Anamnese, klinischer und Laboruntersuchung auch eine bildgebende Diagnostik, vor allem eine Sonographie im Kindesalter und ggfs. Computertomographie/Kernspintomographie bei unzureichendem sonographischem Befund erfolgen sollte. Es gilt prätherapeutisch eine Einteilung in eine unkomplizierte und komplizierte Appendizitis vorzunehmen. Die Autoren plädieren dafür, dass beide Formen für die Therapieentscheidung (operativ vs. konservativ) unter Beachtung des klinischen Zustandes und etwaigen Risikofaktoren beachtet werden sollten. Sie führen aus, dass die Appendektomie bei einer akuten Appendizitis in allen Altersgruppen weiterhin die Therapie der Wahl ist. Sie argumentieren, dass Appendektomien in Deutschland bei niedriger Morbidität überwiegend laparoskopisch durchgeführt werden. Die unkomplizierte Appendizitis könne allerdings auch primär konservativ behandelt werden. Sie legen eine Metaanalyse aus 5 randomisierten kontrollierten Studien vor, die zeigt, dass ca. 37 % der ursprünglich konservativ behandelten erwachsenen Patienten innerhalb eines Jahres sich dann doch einer Appendektomie unterziehen müssen. Die komplizierte Form der Appendizitis ist ein schwerwiegendes Krankheitsbild und kann potenziell konservativ (antiinfektiv +/- Drainageanlage) als Alternative zur operativen Therapie angegangen werden.
Schlussendlich folgern die Autoren: „Auch wenn die konservative Therapie an Bedeutung gewinnt, rechtfertigt die aktuelle Datenlage keinen Wechsel der Standardtherapie von operativ auf konservativ.“
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Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2021; 92 (6) Seite 372